"I got my first real sexdream in the summer of 69" sang der Kanadier Bryan Adams seinerzeit - oder so ähnlich. Einen Zahlensturz später, im Sommer 96 wurde der meine wahr. Es war das erste Mal, dass ich eine Ducati Monster fuhr. Eine 600er. In meinen jugendlichen Augen die Eisen gewordene Schönheit und die Zweirad gewordene Kraft.

Foto: ducati

Ich hatte die Hosen bis zum Kreuz hinauf voll, weil ich das Monster nicht derbändigen konnte. Erfahrung mit Motorrädern - die über drei Fahrstunden und eine Runde mit einem abgehalfterten Cruiser hinausging - hatte ich ja keine. Außerdem war die Monster zwar als gedrosselt eingetragen, hatte in Echt aber doch alle 54 PS am Hinterrad. Mehr Angst machte mir aber, dass mich meine Eltern mit dem Eisen erwischen konnten. Denn sagen wir: Sie hatten es damals nicht so mit Motorrädern, auf denen ich Platz nahm. Gestrichenes Taschengeld und zwei Wochen Katzenklo-Putzen wären das Mindeste gewesen.

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Auf der anderen Seite sollte aber jeder andere sehen, mit welchem heißen Eisen ich unterwegs bin. Also musste ich volles Risiko gehen. Ich war der Felix Baumgartner meiner Zeit. Daher fuhr ich mit der Monster nicht über die Bergstraßen, wo mich keiner hätte sehen können, außer ein paar anderen Motorradfahrern, die mich fürchterlich gedemütigt hätten, sondern machte die Tour von einem Kaffeehaus mit Terrasse zum nächsten. Die Monster immer gleich direkt neben mir abgestellt, dass niemand auch nur im Entferntesten auf die Idee hätte kommen können, dass sie nicht zu mir gehörte. Sicherheitshalber habe ich den Helm noch mittig am Kaffeehaustisch platziert.

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Am späten Nachmittag hatte ich eine Überdosis Koffein, schmerzende Handgelenke und Brösel mit meinen Eltern. Klar hat denen nicht nur einer ihrer Freunde erzählt, dass sich ihr Bersch mit einer Maschin verbeulisiert hat.

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Schon 1996 war die Monster ein Kult-Bike. 1992 wurde sie als 900er auf der Kölner Messe präsentiert und kam dann im Jahr darauf zu den Händlern. "Außer einer Sitzbank, einem Tank, einem Motor, zwei Rädern und einem Lenker braucht man nichts anderes", erklärte damals der Monster-Designer Miguel Galluzzi. Er schuf eines der meist kopierten Motorräder, und Ducati sieht das bis heute als Bestätigung an.

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Die Monster machte nackt wieder modern. Denn obwohl Motorräder zur Zeit ihrer Erfindung immer nackt waren, hielt die Verkleidung in der Evolution auch dort Einzug. Der Gitterrohrrahmen, der heute noch Teil der Monster ist, stammte damals von der Serie 851/888, der Motor von der Supersport - es war der luft-/ölgekühlte Pompone mit 904 Kubikzentimetern.

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Ducati steckte in der Krise und musste sich für ein neues Motorrad quasi aus den eigenen Regalen bedienen. Doch dieser Zwang war letzten Endes ein Segen, ein Erfolg, der bis heute anhält. Über 250.000 Monster haben bis jetzt die Fabrik in Borgo Panigale verlassen.

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Die Monster ist Kult, steht für den 90-Grad-V-2-Motor, Desmodromik, eine sportliche Sitzposition und einen gewissen Minimalismus. Doch sie steht auch für kleine Motorradfahrer. Mit einer Körpergröße über 180 Zentimeter fühlt man sich auf der Monster wie auf einem Pocketbike.

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Bis zu der Größe sind die Ducatisti von der Monster aber begeistert, dass die Hälfte reicht. Aber Ducati selbst bezeichnet die 696 mit ihrer Sitzhöhe von 700 Millimeter als "Lady Killer". Italienischer Sexismus ist uns ja nicht neu.

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Bis heute gab es sie mit 600, 620, 696, 750, 800, 900, 916, 992, 996, 998 und 1078 Kubikzentimeter Hubraum.

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Aktuell werden die Modelle 696, 796 und 1100EVO für das Modelljahr 2013 überarbeitet, und es wird nächstes Jahr, zur Feier quasi, ein Sondermodell geben. Dieses wird das Logo aus 1993 tragen. "Straight from the heart", wie Bryan Adams sang ... (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 15.10.2012)

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Ducati Monster

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