Werner Faymann und die SPÖ fordern an diesem Samstag mit großem Getöse eine "Reichensteuer". Die ÖVP hält (taktisch verspätet) dagegen.

Es geht aber um mehr als um parteipolitisches Hickhack, es geht in Wahrheit nicht einmal um "Gerechtigkeit", sondern um eine echte, ernste Diskussion, ob und wie sehr es a) eine unerträgliche ökonomische Schieflage in Österreich gibt und b) was wirtschaftlich schädlich oder nützlich wäre.

Nach einer soeben passend veröffentlichten (und weitgehend unkritisch übernommenen) Studie einiger eher linker Ökonomen in der Nationalbank, ist (privates) Vermögen hierzulande sehr ungleich verteilt: "Die Ungleichverteilung des Nettovermögens (Sach- und Finanzvermögen abzüglich Schulden, Anm.) ist in Österreich ausgeprägt. Ein Zehntel verfügt über weniger als rund 1000 Euro, aber zehn Prozent halten mehr als rund 542.000 Euro."

Das ist eine Betrachtung der Extreme. Dazwischen gibt es eine (untere bis obere) Mittelschicht, und die macht rund ein Drittel aller Haushalte aus. Dennoch ist bei den Vermögen der Gini-Koeffizient, der die Verteilung misst, mit 0,7 Prozent sehr hoch.

Zur Beurteilung von "Gerechtigkeit" muss man die Studie aber in einen größeren Zusammenhang stellen: Ungleich verteiltem Vermögen steht ein sehr gleich verteiltes Einkommen gegenüber. Mit einem Gini-Koeffizienten von 26,1 sind wir in einer Liga mit den "gleichmacherischen" Skandinaviern und unter dem EU-Durchschnitt (30,5) .

Dieser Egalitarismus kommt durch massive Umverteilung zustande: einerseits durch ein scharfes progressives Steuersystem, andererseits durch massive Transferzahlungen. Ist es da "gerecht" oder gar sinnvoll, auch noch die Vermögen umzuverteilen? Wir wollen ja nur die Millionäre " erwischen", sagt Faymann in leicht verräterischer Sprache. Tatsächlich sehen die Pläne der SPÖ ein Nettovermögen von einer Million Euro vor, ab dem eine jährliche Substanzsteuer in unbekannter Höhe fällig wird.

Eine Million - ist das "reich"? Mit einer Eigentumswohnung oder einem Haus in entsprechender Lage, etwas auf dem Konto und vielleicht einigen Kunstgegenständen ist man bald dort; mit einem Kleinbetrieb noch schneller. So wie bei der kalten Progression wird die Millionengrenze mit den Jahren ausgehöhlt. Aber mit einer Million Vermögen ist man zweifellos wohlhabend, in den Augen vieler sogar "g'stopft".

Tatsächlich: Warum sind die Vermögen so konzentriert, wenn die Einkommen so gleichmäßig sind? Die Antwort der meisten Ökonomen: In 70 Jahren Frieden und Wohlstand hat sich eben einiges ansammeln können, was früher durch Krieg und Inflation vernichtet worden war. Die Vermögen wurden überwiegend erarbeitet, zum Teil ererbt (eine Sonderfrage).

Mit einer Substanzsteuer würde das Budget nicht saniert, das Geld sicher nicht für "Forschung"oder "Entlastung kleiner Einkommen" (Faymann) verwendet, sondern eher zur Finanzierung der (Pensions-)Privilegien des geschützten Sektors (ein undiskutiertes Thema der Verteilungsgerechtigkeit).

Andererseits: Eine Substanzsteuer würde die unternehmerisch Tätigen zwar schädigen, aber nicht umbringen und die Altersversorgung nicht ausradieren.

Die Wirkung ist vor allem psychologisch: Die große Masse der unternehmerisch oder freiberuflich Tätigen fühlt sich zusätzlich geschröpft und demotiviert. Die große Masse der Nicht-oder Kaum-Vermögenden empfindet mehr "Gerechtigkeit". That's it.