Jerusalem/Beirut/Teheran - Die radikale libanesische Schiitenbewegung Hisbollah hat nach eigenen Angaben die Drohne geschickt, die vergangene Woche in Israel abgeschossen wurde. Das hochentwickelte Aufklärungsflugzeug sei über viele wichtige Standorte geflogen, bevor es von den israelischen Luftwaffe entdeckt worden sei, sagte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah am Donnerstag im Fernsehen.

Nach seinen Angaben handelte es sich bei dem unbemannten Fluggerät um ein iranisches Modell, das im Libanon montiert wurde. Die Drohne sei bis in die Nähe des hochgesicherten Atomreaktors in Dimona in der Negev-Wüste gelangt. Selbst gesetztes Ziel der Hisbollah ist die Zerstörung Israels.

Die Behauptungen Nasrallahs fügen sich in frühere Drohungen ein. Im August hatte er gewarnt, im Falle eines israelischen Angriffs auf iranische Atomanlagen könne Hisbollah das Leben für Hunderttausende von Israelis in eine "Hölle" verwandeln. "Ich sage den Israelis, dass es eine Reihe von Zielen (in Israel) gibt, nicht viele, die wir mit Präzisionsraketen treffen können. Wenn wir diese Ziele treffen (...), wird sich das Leben von Hunderttausenden von Zionisten in eine Hölle verwandeln und wir können von Zehntausenden Toten sprechen", sagte Nasrallah damals. Seine Äußerungen waren als Warnung vor einem Angriff auf das israelische Atomzentrum interpretiert worden.

Der Iran wertete das Eindringen der Drohne in den israelischen Luftraum als Beweis für den hohen Entwicklungsstand der eigenen Technik und die angebliche Schwäche der israelischen Luftabwehr. "Eine Drohne 100 Kilometer tief in ihrem Luftraum offenbart, dass die Luftabwehr doch nicht so stark ist und dass das zionistische Regime (Israel) militärisch viele Schwächen hat", hatte Jameddin Aberumand, Koordinationsleiter der Revolutionsgarden, kurz nach dem Abschuss gesagt.

Das israelische Militär widersprach Nasrallahs Darstellung von dem Drohnenflug. Der unbemannte Flugkörper sei von der Luftüberwachung schon frühzeitig erfasst worden, als er sich noch über dem Mittelmeer befand. Kampfflugzeuge hätten die Drohne dann begleitet, jedoch erst abgeschossen, als sie sich sich über dünn besiedeltem Gebiet befand, sagte Armee-Sprecher Arye Shalicar der Nachrichtenagentur dpa am Freitag.

Der Abschussort befand sich etwa 30 Kilometer nördlich von der Atomanlage, wo Israel nach ausländischen Berichten seit Jahrzehnten seine Atomwaffen produziert. Zu dem Zeitpunkt war die Drohne vom Mittelmeer aus bereits 65 Kilometer durch den israelisch kontrollierten Luftraum geflogen. "Die Drohne war unbewaffnet", betonte Shalicar. Details der laufenden Untersuchung der Wrackteile könnten jedoch noch nicht mitgeteilt werden.

Hisbollah hatte schon früher kleine Drohnen nach Israel geschickt. Zuletzt waren 2006 zwei solcher Fluggeräte aus dem Libanon im Norden Israels abgeschossen worden. Der libanesische Staatspräsident Michel Sleimane äußerte sich positiv über die Aktion der Hisbollah. Er kritisierte jedoch gleichzeitig indirekt den Hang der Schiiten-Bewegung zu Alleingängen. Sleimane sagte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur NNA: "Die Entsendung einer Drohne, die über dem Staatsgebiet des Feindes Israel schwebt, zeigt, wie sehr wir eine Verteidigungsstrategie brauchen, die festlegt, wie wir von den Möglichkeiten des Widerstandes profitieren können." Es wäre jedoch gut, wenn die militärischen Fähigkeiten der Hisbollah eingebunden würden in die Pläne der Armee. (APA, 12.10.2012)