Frankfurter Buchmesse just dann ihre Tore öffnet, wenn das Münchner Oktoberfest die seinen gerade schließt. Denn es gibt böse Zungen, die behaupten, zur Buchmesse werde mehr hinuntergeschüttet als an jeder Bierbrauerzusammenkunft. In der Tat ist die Messe, bei der es eigentlich um Bücher und Lizenzen geht, nur halb so nüchtern, wie sie auf den ersten Blick wirkt. Denn am Abend, wenn sich die Hallen geleert haben, laden jede Menge Verlagsfeste (Suhrkamp, Rowohlt, Fischer, Piper usw.) zu Wein, Tanz und Gesang.

Zu den beliebtesten Veranstaltungen solcher Art gehört seit langem der ebenso legendäre wie berüchtigte Österreich-Empfang in der Villa Bonn. Heuer gaben sich neben Hunderten von Gästen auch Claudia Schmied, Messe-Direktor Jürgen Boos und Stephan Thome, der mit seinem Roman Fliehkräfte in der "Buchpreis" genannten deutschen Romanmeisterschaft leer ausging, die Ehre.

Während bei der Münchner Konkurrenzveranstaltung heuer 66 Mal mit dem Maßkrug zugeschlagen, oder dieser geworfen wurde (2011 kam es zu 55 Masskrug-Vorfällen), blieb in der Villa Bonn alles ruhig. Es ist eben doch so, wie ein Kollege von der Zeitung Die Welt schrieb: "Kein Alkohol ist auch keine Lösung." Er kam zu diesem ernüchternden Ergebnis, nachdem er sich vergangenes Jahr einem Selbstversuch unterzogen und die Messe alkohollos zugebracht hatte.

Arthur Schopenhauer übrigens, der in Frankfurt einige Jahre über das Leben nachdachte, schrieb in seinen Aphorismen, viele würden Bücher vorwiegend nach ihrer Dicke einschätzen, fast so, "als ob sie geschrieben wären, die Arme, nicht die Köpfe daran zu üben." Die Frage Quantität versus Qualität wird den Buchmarkt - nicht nur ihn - weiter beschäftigen.  (Stefan Gmünder  aus Frankfurt, DER STANDARD, 12.10.2012)