Sehr kurz und bündig gestaltet sich die Vorstellung der drei konkurrierenden Häuser.

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Jede Fraktion wird durch einen eigenen "Mentat" (fungiert als Mentor, ist aber in der literarischen Vorlage eine Berufsklasse, deren Mitglieder sich wie Computer verhalten) repräsentiert, der auch Spiegelbild des jeweiligen Hauses ist. Hier: Atreides.

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Und hier dessen fies dreinblickender Gegenpart vom Haus Harkonnen.

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Schwer umständlich: Zu produzierende Bauwerke und Einheiten wurden auf einem eigenen Screen ausgewählt.

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Der Gegner schickt seine Einheiten oft schon sehr früh, dafür aber nur in kleinen Trupps vorbei.

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Größere Angriffe gestalten sich aufgrund der mühseligen Steuerung sehr anstrengend.

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Nach Missionsabschluss gab es Statistiken zu bestaunen.

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Dauerärgernis für viele Jahre: Sammler-Einheiten in Westwood-Spielen.

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Honorary Mention: Das postapokalyptische RTS "KKND" brachte es leider nur auf zwei Teile.

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KKND: Die wilde Horde und ihr Ungeziefer gegen die Bunker-Überlebenden.

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Z: Roboterschlachten für geduldige Masochisten.

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RTS goes Fantasy: Blizzard hetzte Orks und Menschen aufeinander.

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Der Name "Westwood" ist tief verwurzelt mit dem Genre der Echtzeitstrategiespiele. Insbesondere "Dune 2", das 1992 mit zwei unterschiedlichen Untertiteln (US: "The Building of a Dynasty", Europa: "Battle for Arrakis") auf den Markt kam, legte den Grundstein für das Genre, wie man es bis heute kennt.

Von "Utopia" bis "Herzog 2"

Aber halt: Technisch gesehen ist "Dune 2" wohl nicht das allererste RTS-Game. Die Basis wurde in den frühen 80ern gelegt. Bei Intellivisions "Utopia" konnten sich zwei Kontrahenten während zeitlich limitierter Züge in Echtzeit bekriegen.

Einige Jahre später durfte man in "Herzog 2" in einen Mech-Roboter schlüpfen, Einheiten kaufen, über das Schlachtfeld transportieren und selbst in Kämpfe eingreifen (praktischerweise wurde das Alter Ego nach dem Ableben einfach neu erzeugt, was von manchen Spielern in Form einer Dauerangriffsstrategie genutzt wurde.) Basisbau gab es aber noch nicht.

Atreides vs. Ordon vs. Harkonnen

Auftritt Westwood. Die Geschichte von "Dune 2" ist schnell erzählt. Herrscher Frederick IV hat sich im Krieg mit Familienmitgliedern verschuldet und sieht im lukrativen Handel mit "Melange" – auch genannt "Spice" – eine Chance, wieder zu Geld zu kommen. Daher schreibt er die künftige Regentschaft des Wüstenplaneten Arrakis zum Wettbewerb aus.

Die Häuser Atreides, Ordos und Harkonnen treten in den Kampf darum ein, wer dem Imperator das meiste "Spice" liefern kann. Der Spieler engagiert sich als Kommandeur für eines von ihnen. Präsentiert werden die Fraktionen in kurzen Sequenzen. Sie unterscheiden sich in Folge auch durch ihre "Mentats" – die durch die Handlung und Missionsbriefings führen – sowie eigene Einheiten, Alliierte und Sprachsamples.

Die noblen Atreides werden von einer fast lasziven Frauenstimme begleitet, die etwa über einfallende Feinde informiert. Für die technokratischen Ordos meldet sich ein robotisch klingender Informant, der Sprecher der herrschsüchtigen Harkonnen klingt mehr nach "finsterer Krieger".

Geduldsprobe

Wer dieses Spiel zwei Jahrzehnte nach seinem Erscheinen anwirft, verfällt jedoch nicht nur in nostalgische Freude. Grafisch ist "Dune 2" liebevoll aufbereitet. Fahrzeuge tuckern durch die Wüste und hinterlassen Spuren, während sich der Sandwurm durch die Dünen wühlt. In Sachen Sound war es State of the Art. Das Bedienkonzept allerdings führt den Feldherren vor dem Bildschirm an die Grenzen seiner Geduld.

Für die Ausführung von Bauaufträgen ist nur ein Gebäude zuständig. Das muss zuerst angeklickt werden. Für den Wechsel des jeweiligen Auftrags landet man auf einem eigenen Bildschirm. Ein Prozedere, das sich bei Produktionsstätten für Einheiten wiederholt. Deren Limit ist in der PC-Version aber glücklicherweise auf 16 pro Fraktion limitiert. Auch Komfortfunktionen wie Produktions-Queues sucht man vergeblich, weswegen selbst die für die Errichtung von Gebäuden erforderlichen Betonplatten einzeln hergestellt und platziert werden müssen.

Klick-Inferno

Das Bewegen der eigenen Vehikel und Kämpfer ist nicht minder kompliziert. Mehrere Einheiten selektieren geht schlichtweg nicht. Wer also einen Generalangriff auf die gegnerische Basis startet, muss Soldat für Soldat bzw. Fahrzeug für Fahrzeug markieren und einzeln mit dem entsprechenden Befehl (auch dieser musste per Hotkey oder Button zuerst festgelegt werden) ans Ziel geschickt werden.

Schon früh wird damit hektisches Hin- und Herschalten zwischen anstrengendem Mikromanagement und noch anstrengenderem Kriegstreiben erforderlich. Wenn die finale Schlacht ansteht, und man es nicht nur mit einem, sondern mit zwei bis drei Gegnern zu tun bekommt, wird "Overkill" zu einem Hilfsbegriff.

Künstliche Einfalt

Und freilich war auch die künstliche Intelligenz damals noch nicht, was sie heute in diesen Spielen ist. Einerseits war das von Vorteil, weil die Gegner hauptsächlich mit ihrer Schnelligkeit und quantitativer Überlegenheit gefährlich wurden, sonst aber sehr berechenbar und stupide waren. Sehr oft verschleißt ein computergesteuerter Widersacher in "Dune 2" schon früh Ressourcen, in dem er kleine Einheitengrüppchen gegen die Defensiv-Übermacht des Spielers in den Tod schickt.

Andererseits ist es oft nötig, die eigenen Kämpfer wegpunkte-artig herumzuschicken, da sie sich sonst gerne einmal irgendwo festsetzen. Ein besonderes Ärgernis sind die Spice-Sammler, die ohne Rücksicht auf Verluste stets den direktesten Weg zurück einschlagen und sich – besonders wenn zwei oder mehr Raffinerien existieren – oft nicht merken, wo ihr Abbaugebiet eigentlich liegt.

Das Erbe der Sammler

Ein Umstand, der an dieser Stelle die Überleitung zu einem weiteren Klassiker des Genres erlaubt. "Command & Conquer", ebenfalls aus den Westwood Studios, setzt dort fort, wo "Dune 2" aufgehört hat – jedenfalls in technischer Hinsicht. Statt Herrscherhäusern ziehen hier das Militärbündnis GDI und die Brotherhood of Nod um die Herrschaft der Erde zu Felde. Gesammelt wird das kostbar-giftige Kristall Tiberium statt Spice.

Ein Hype wird geboren

Nach wie vor für Frustattacken der Spieler sorgten die Sammler, die ihren Rückweg gerne mal durch des Gegners schwer bewachte Basis abkürzten. Dafür wurde das Baumenü an den Bildschirmrand ausgegliedert und Einheiten konnten auch zu mehrt und mit nur einem Klick von A nach B beordert werden. Diese erhebliche Komfortsteigerung ließ gleichwohl auch eine Anhebung der Spielgeschwindigkeit zu. Der Erfolg gab den Entwicklern Recht, das Spiel wurde berühmt für seine Realfilm-Cutscenes und zum Katalysator für das junge Genre.

Ihm folgten weitere Teile der Serie, darunter die alternative Weltkriegsgeschichte "Red Alert" und "Generals" als wohl beliebteste Sprösslinge. 1995 verfrachtete Blizzard das RTS-Konzept mit "WarCraft: Orcs & Humans" in ein mittelalterliches Fantasy-Setting und drei Jahre später mit "StarCraft" auch in den Weltraum, wobei die einzelnen Sammler-Einheiten bei beiden Spielen im Vergleich deutlich an Bedeutung verloren.

Microsoft und die Ensemble Studios schlugen einen etwas anderen Weg ein und ließen den Spieler in "Age of Empires" (1997) eines von zwölf Völkern von der Stein- in die Eisenzeit (und mit dem Add-on "Rise of Rome" sogar bis in die Antike) führen, ein Konzept das später vom Konkurrenzprodukt "Empire Earth" noch einmal deutlich ausgebaut wurde. In "Dune 2000" durfte man anno 1998 wieder in einer teils bockschweren Umsetzung wieder auf den Wüstenplaneten zurückkehren.

Gute Klone, schlechte Klone

Der von "Command & Conquer" erzeugte Hype brachte jedoch nicht nur neue Perlen, sondern auch eine Flut an meist unterdurchschnittlichen Schema-F-Games hervor. Exemplarisch genannt sei an dieser Stelle "Victory" von TopWare, in dem es möglich war, dass die eigenen Holzhacker von Bäumen erschlagen wurden, wenn sie beim Fällen auf der falschen Seite standen.

Auf der anderen Seite erblickte auch ein paar Umsetzungen das Licht der Welt, die zwar gelungen, aber offenbar nicht massentauglich genug waren. Ein Beispiel wäre "Z" von den Bitmap Brothers, ein Spiel mit einzigartiger Optik, Roboterszenario und absolut übertriebenem Schwierigkeitsgrad.

Auch nicht unerwähnt bleiben sollte "Krush, Kill 'n' Destroy" von Melbourne House, wo sich ehemalige Bunkerbewohner und Oberflächenmutanten um die Überreste einer postapokalyptischen Welt bekriegten. Begleitet wurde das Geschehen wie bei "C&C" von teils kultigen Echtfilm-Sequenzen sowie einem Heavy Metal-lastigen Soundtrack. Beide Titel brachten es auf jeweils zwei Teile.

Mischlinge

Daneben wurde das Echtzeitstrategie-Konzept mit unterschiedlichem Erfolg mit verschiedenen Genres verschmolzen. So finden sich bis heute in vielen Umsetzungen Rollenspielelemente wieder. Einen Grundstein hatte hier "WarCraft 3" gelegt, wo das Aufleveln der eigenen Helden von essenzieller Bedeutung war. Die "Anno"-Reihe wiederum mischte eine große Portion WiSim-Elemente bei. Entwicklungsschritte, die das vorherrschende "Baue Basis – sammle Ressourcen – Angriff"-Prinzip angenehm auflockerten.

Zurück auf den Boden

Das Genre wagte Richtung Jahrtausendwende, wie viele andere Spiele, den Sprung in Richtung 3D. 1997 lieferte Cavedog Entertainment mit "Total Annihilation" einen Hybriden aus 2D-Terrain mit Tiefeninformationen und Polygon-Einheiten ab. Als erste reine 3D-Umsetzung gilt "Homeworld" (1999).

Viele Spiele scheiterten allerdings an der dritten Dimension, wohl einer der Gründe, warum das Genre zwar immer noch gut präsent, aber längst nicht mehr so beliebt wie einst ist. Einige der ersten Reihen – namentlich "Command & Conquer", "StarCraft" oder "Age of Empires" – existieren nach wie vor.

Aus Westwood wird EA

Was zurück zu den "Dune 2"-Machern führt. Die Westwood Studios von Brett Sperry und Louis Castle waren 1985 gegründet worden und hatten vor dem RTS-Durchbruch unter anderem BattleTech- und D&D-Umsetzungen produziert. Daneben entwickelte man zwischen 1993 und 1999 mit "Lands of Lore" eine eigene Rollenspielreihe und diverse Filmumsetzungen (z.B. "Blade Runner"). Als erster größerer Erfolg gilt das Echtzeit-RPG "Eye of he Beholder" (1990).

1992 wurde Westwood von Virgin Interactive gekauft, 1998 übernahm dann Electronic Arts gegen Barzahlung von 122,5 Millionen Dollar das Ruder. Schätzungen zufolge lag das Unternehmen vor allem aufgrund der "C&C"-Reihe zeitweise bei einem Marktanteil von fünf bis sechs Prozent am Gesamtspielemarkt.

Ende 2002 wurde das Studio liquidiert und – wohl aus markentechnischen Überlegungen – mit der EA-Abteilung in Los Angeles zusammengelegt. Ein ähnliches Schicksal, wie es auch Bullfrog zuteil wurde. Brett Sperry verabschiedete sich und gründete gemeinsam mit anderen Ehemaligen Pteroglyph Games ("Star Wars: Empire at War") und fünf Jahre später Jet Set Games, wo man heute Mobile Games entwickelt.

Better old times

Wer einen Blick zurück auf "Dune 2" werfen möchte, ohne sich mit dem Hürden des Interfaces auseinandersetzen zu wollen, sollte ein Blick auf diverse Fanprojekte werfen. Besonders erwähnenswert ist etwa "Dune Dynasty", das auf der reverse-engineerten Engine des Originals beruht. Neben einer neuen Menüführung und besserer Einheitenkontrolle werden auch KI-Verbesserungen geboten. "Dune 2: The Golden Path" wiederum implementiert einen Multiplayer-Modus. Weitere Nachbauten und Remakes finden sich hier. (Georg Pichler, derStandard.at, 11.10.2012)