Die Mikroalgenzuchtanlage "Hanging Gardens" in Bruck an der Leitha soll mithilfe von Sonnenenergie zu einer alternativen Energiequelle der Zukunft werden. 22 Tanks stehen auf 500 m2.

Foto: Ecoduna

Wien - "Die Frage ist nicht, ob Algen eine wichtige Rolle als Grundstoff für Energiegewinnung spielen, sondern ab wann", sagte Martin Mohr, Geschäftsführer von Ecoduna, dem STANDARD. Das 2008 gegründete Unternehmen hat im Vorjahr eine erste Mikroalgenanlage bei einem Braunkohlekraftwerk des Energiekonzerns Vattenfall im deutschen Senftenberg in Betrieb genommen. Heute, Donnerstag, wird in Bruck/Leitha eine zweite Anlage eingeweiht.

Sprit aus Algen

Mit einem Volumen von 100.000 Litern sei Bruck die zweitgrößte geschlossene Mikroalgenzuchtanlage weltweit, sagte Mohr. Nach einer Wachstumsphase von elf Tagen stehen die Mikroalgen als Biomasse für zahlreiche industrielle Anwendungen bereit - und leisten einen Beitrag zum Klimaschutz. Nicht nur zur Reinigung von Abwasser tragen sie bei, sie binden auch klimaschädliches CO2. Die Biomasse wird weiterverarbeitet, beispielsweise zu Biodiesel, der wiederum Autos antreibt.

Die Mikroalgen finden aber auch Verwendung in der Medizin, Kosmetik-, Pharma- und Nahrungsmittelindustrie. Laut Mohr bleiben Erzeugnisse wie Omega-3-Fettsäuren (zur Nahrungsmittelergänzung) aber teuer, solange die Algenzucht nicht großindustrielle Ausmaße erreicht. Er sieht das größte Potenzial der Pflanzen derzeit in der Verspritung. Rund 60 Prozent der in den Algen enthaltenen Öle sind für die Herstellung von Treibstoff geeignet.

Der Trick für eine effiziente Algenproduktion heißt "verdünntes" Sonnenlicht: Für die Photosynthese wird nur ein Bruchteil des einfallenden Sonnenlichts benötigt, ab einem gewissen Grad wird der Lichtüberschuss für Algen sogar schädlich. Die kontrollierte Regulierung des Lichteinfalls war eine Innovation von Ecoduna. So können 100 Prozent des auf der Erdoberfläche auftreffenden Lichts für die Photosynthese genutzt werden.

Algen als Basis für Pharmaprodukte

In sonnenverwöhnten Ländern wie Indien oder Brasilien könne der Energieertrag doppelt so hoch sein wie in unseren Breiten. Mohr sieht für die Industrie trotzdem eine Zukunft in Österreich - indem die geringere Sonneneinstrahlung durch bessere Prozesskontrolle und Ausbildung der Mitarbeiter wettgemacht werde.

Aufgrund der Vielfalt der Pflanzen an sich (es gibt rund 400.000 Arten) könne für jede Region der Erde eine "passende" Spezies für die Produktion ausgesucht werden. In Europa sieht Mohr großes Potenzial für Algen als Basis für hochwertige Pharmaprodukte. (Franziska Bauer, DER STANDARD, 11.10.2012)