Robert Nissel und seine Ehefrau Yulen.

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Das Geschäft mit der Liebe: Wohlhabende österreichische Männer und arme, käufliche und genügsame "Osteuropäerinnen".

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"Sie gelten als besonders freundlich und verführerisch, manch österreichischer Macho bezeichnet sie als besonders pflegeleicht: Frauen aus Russland, der Ukraine, der Slowakei oder aus Rumänien." Diese Beschreibung ist nicht etwa ein schlechter Scherz - nein, sie findet sich auf der Homepage der erfolgreichen ATV-Sendung "Das Geschäft mit der Liebe. Frauen aus dem Osten".

Mit fragwürdigen Motiven und einer mehr oder weniger seriösen Partneragentur an ihrer Seite machen sich österreichische Männer seit Anfang 2010 im Hauptabendprogramm auf die Suche nach der richtigen Frau "aus dem Osten". So meint der 47-jährige Boxtrainer Mario Orsolics, Österreicherinnen seien ihm zu eingebildet und übergewichtig. Geht es nach einem anderen, dem 48-jährigen Manfred "Chicken Charly" Anders, interessieren sich seine Landsfrauen nur noch für Konsum und Oberflächlichkeiten.

Der wohl Bekannteste aus der Runde der Suchenden ist jedoch der 59-jährige Robert Nissel. Die ZuseherInnen konnten die "Laufbahn" des Unternehmers hautnah miterleben: früher Stammgast in Go-Go-Bars, heute selbst ernannter "Lovecoach" und verheiratet mit der 23-jährigen Philippinerin Yulen.

"Proleten-Charme" und Männerfantasien

Dass die Sendung zum Kult geworden ist, merkt man nicht nur an den Quoten. Seit kurzem gibt es im ATV-Shop sogar T-Shirts mit den Sprüchen der "Helden", wie sie vom Privatsender liebevoll genannt werden. Von Mario Orsolics' "Da Oasch muss passen!" bis zu weniger Verständlichem wie Robert Nissels "I am se laf!": Der sexistische "Proleten-Charme" wird dem Publikum unverblümt und ungeschminkt präsentiert.

Denn auch das ist ein Erfolgsgarant der Sendung. Null Sprachkenntnisse und noch weniger Einfühlungsvermögen führen die Männer nämlich jedes Mal aufs Glatteis einer typischen Boulevard-"Doku-Soap". Dem kritischen Publikum zeigt die Sendung damit auch, dass die präsentierten Männerfantasien nicht einmal in die vorgegebene Realität eines solchen Formats passen. Schließlich haben die oftmals hoch gebildeten und häufig sehr junge Frauen natürlich höhere Ansprüche. "Osteuropa" als Selbstbedienungsladen für österreichische Männer? Zumindest dieses Klischee wird dank der dargebotenen Niveaulosigkeit der Protagonisten teilweise entkräftet.

 

Intro: "Das Geschäft mit der Liebe"

Andere stereotype Vorstellungen hingegen werden schamlos reproduziert. So arbeitet die Sendung mit allerlei gefährlichen Gegenüberstellungen, etwa den reichen österreichischen Männern und den armen, käuflichen und genügsamen "Osteuropäerinnen" - wobei "Osteuropa" das konstruierte Gegenbild zum "entwickelten Westen" darstellt. Die Männer werden dabei stets zu Opfern ihrer Begierden und vergangener Enttäuschungen stilisiert, um damit gleich eine Rechtfertigung für ihr Benehmen zu liefern.

"Die Jagdsaison ist wieder eröffnet"

Ob die Handlung der Sendung frei erfunden ist oder nicht, spielt angesichts des transportierten Grundtons keine Rolle. "Die Jagdsaison ist wieder eröffnet", heißt es im Trailer zur dritten Staffel. Während die Männer im Urlaubsort Vama Veche an der rumänischen Küste den "Hühnerfang" mit "Futter" locken, steigt das Fremdschämpotenzial beim Publikum mit dem Alkoholpegel der Protagonisten an.

Der 48-jährige Manfred geht mit der Dolmetscherin den Strand entlang, um Frauen anzusprechen. Eine junge Blondine sagt ihm zu. "Jetzt geh ma amoi an Kaffee trinken, und dann schau ma, was ich mit ihr mach", sagt Manfred. Als sie jedoch beim Rest der Gruppe ankommen, ahnt der 52-jährige Gerhard Klein bereits: "Die is eh lieb, aber die is wahrscheinlich zu intelligent für uns." (Jelena Gučanin, daStandard.at, 10.10.2012)