Sarajevo - In Bosnien wird erstmals eine Kopftuch tragende Frau ein Bürgermeisteramt antreten. Die 43-jährige Amra Babic wurde mit 30 Prozent der Stimmen bei den Kommunalwahlen am Sonntag zur Bürgermeisterin der muslimisch geprägten Stadt Visoko gewählt, wie die Wahlkommission am Dienstag mitteilte. Ihre Wahl wäre nicht nur eine Premiere für die rund 40.000 EinwohnerInnen zählende Stadt nahe Sarajevo und in Bosnien, "sondern auch für Europa", hatte Babics Partei der Demokratischen Aktion (SDA) vor der Wahl erklärt.

Wandelnde Rolle des Kopftuchs

Die SDA ist die wichtigste muslimische Partei des Landes. In Bosnien sind rund 40 Prozent der etwa 3,8 Millionen EinwohnerInnen Muslime, damit ist der Islam die verbreiteste Religion des Landes vor den verschiedenen Strömungen des Christentums. Das Tragen des Kopftuchs war zu Zeiten des Kommunismus verboten. Heute sind Kopftücher und Ganzkörperschleier erlaubt; trotzdem ist der Großteil der muslimischen Frauen in Bosnien unverschleiert.

Vor ihrer Kandidatur bei den Kommunalwahlen war die Ökonomin Babic Finanzministerin der zentralen Region Zenica. Die dreifache Mutter verlor ihren Mann im Bosnien-Krieg (1992-1995) und leitete jahrelang eine Organisation für muslimische Familien, die Angehörige in dem Konflikt verloren haben. (APA, 9.10.2012)