Der Gemeinschaftsstand der Stadt Wien, "Wien - Europa Mitte" ...

Foto: Putschögl

... und der Gemeinschaftsstand "Austria" auf der heurigen Expo Real.

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Die Münchner Gewerbeimmobilien-Messe dürfte heuer neben dem Aussteller- auch einen Besucherzuwachs verzeichnen.

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Sie heißt eigentlich "Gewerbeimmobilienmesse", aber seit mehreren Jahren schon geht es bei der Münchner "Expo Real" auch sehr viel ums Wohnen. So viel, dass Messepräsident Peter Egetenmeir bei seiner Eröffnungs-Pressekonferenz am Montag schon gefragt wurde, wann man denn mit einer Umbenennung der - neben der MIPIM in Cannes - wichtigsten Immobilienmesse Europas rechnen könne. Egetenmeir schmunzelte und hielt dem entgegen, dass doch die großen Wohnimmobilien-Portfolios vor allem als Investments gehandelt werden. Und außerdem, so der Messechef sinngemäß, wäre das ein Etikettenschwindel, denn da würde ja der "kleine Mann von der Straße" denken, es gäbe hier Wohnungen zu kaufen.

Seitenhieb auf Wien

Nein, die Expo Real ist und bleibt eine "B2B"-Messe ("Business to Business"), und sie hat heuer in ihrer 15. Ausgabe nicht nur so viele Aussteller (1.700) wie schon lange nicht, sondern auch mehr Besucherinnen und Besucher als im Vorjahr. Dank des Gedränges in den Hallen dürften es bis Mittwoch etwas mehr als die erwarteten 35.000 Immobilien-Professionisten werden, die sich hier in sechs großen Messehallen und unzähligen versteckten "Meeting Rooms" über Tendenzen und Trends, Chancen und Risiken auf den weltweiten Immobilienmärkten austauschen. Und natürlich wird auch über den einen oder anderen Deal geredet werden.

Gar nicht so wenige der Aussteller kommen aus Österreich, was der Alpenrepublik von Seiten des Messepräsidenten  viel Lob einbrachte. Österreich präsentiere sich hier so stark wie noch nie, die rund 70 heimischen Aussteller organisierten sich zum Großteil in zwei Gemeinschaftsständen, nämlich "Wien - Europa Mitte" und "Austria". Wer genau hinhörte, konnte aber auch einen wohlwollend als "gönnerhaft" zu bezeichnenden Seitenhieb Egetenmeirs nicht überhören: Die insgesamt - übrigens genau, nicht gerundet - 1.700 Aussteller seien eine schöne Zahl, "vor allem wenn man bedenkt, dass andernorts Immobilienmessen aus dem Markt genommen werden mussten" - unter anderem bekanntermaßen die Ostimmobilienmesse "Real Vienna", die heuer nicht mehr stattfand.

Trends: Gemeinschaftsstände, Wohnimmos

Die Sache mit den Gemeinschaftsständen bezeichnete Egetenmeir ebenfalls als einen "Trend" der Messe: Neben den beiden österreichischen gibt es auch aus anderen Ländern und Regionen gemeinsame Stände, außerdem erstmals den "LogRealCampus" für Unternehmen aus dem Logistikimmobilien-Bereich sowie die "World of Hospitality", ein Gemeinschaftsstand des Hotel-Segments.

Dass heuer aber vor allem viel über den zweiten großen Trend - die Wohnimmobilien - geredet wird, mag auch dem Austragungsort geschuldet sein. München bzw. nahezu sämtliche deutsche Großstädte "boomen" in diesem Segment nach wie vor, und das heißt für Mieter bzw. potenzielle Käufer in diesen Städten, dass die Preise steigen.

Dynamische Märkte, sichere Häfen

Der wissenschaftliche Leiter der IREBS Immobilienakademie in Eltville im Rheingau, Tobias Just, erklärte in einer Diskussionsrunde kurz und prägnant, warum die "Dynamik" auf den deutschen Wohnimmobilienmärkten auch in den nächsten Jahren noch weitergehen werde: Im Vorjahr wurden in ganz Deutschland 160.000 Wohnungen gebaut, aber schon allein der Nettozuzug von 280.000 Menschen oder 140.000 Haushalten habe diesen Zuwachs fast vollständig "aufgesaugt". Vor diesem Hintergrund könne man getrost "das große Vertrauen in die Dynamik des deutschen Wohnungsmarkts beibehalten".

Für Mieter heißt das, dass die Mieten nicht sinken werden. Für Investoren bedeute das, "dass es zu Risikoabschlägen bei Wohnimmobilien, aber zu Risikoaufschlägen bei Gewerbeimmobilien" kommen werde. In diesen beiden Märkten sei nämlich derzeit eine "deutliche Asymmetrie" zu beobachten, sagte Michael Morgenroth von der Signa Holding in derselben Podiumsdiskussion. Und der Trend zu dieser "Spreizung" des Marktes werde weiter anhalten. "Das Geld geht dorthin, wo es sich sicher wähnt."

"Keine Blase"

Dass es eine Blase auf dem deutschen Wohnimmo-Markt gäbe, wird weiterhin in Abrede gestellt. Denn neben den starken Preisanstiegen in den Metropolen dürfe man nicht übersehen, dass es in Abwanderungsregionen sinkende Preise gebe, so Morgenroth.

Diese gleichzeitig ablaufenden völlig gegenläufigen Entwicklungen sind es auch, die das Thema Demographie für die Immobilienwirtschaft interessant machen. In einer Panel-Diskussion zu diesem Thema ging es um die Herausforderungen, die von der drohenden Überalterung der Gesellschaft ausgehen werden (wobei Thomas Dilger von der "Nassauischen Heimstätte", einem Wohnungsunternehmen in Frankfurt/Main, lieber von einer "Entjüngerung" der ländlichen Regionen sprechen wollte). Mehr Pflegeeinrichtungen, weniger Büros, altersgerechte Einkaufszentren müsse es geben; generell werde man im Handel in den nächsten Jahren "viele neue Formate sehen", kündigte Dirk Siebels vom großen deutschen Einkaufszentren-Developer und -Verwalter ECE an. Denn wie sich etwa die Veränderungen im Buchhandel und in der Unterhaltungselektronik auf die Struktur der Einkaufszentren der Zukunft, und somit auch auf die Betreiber - Stichwort "Ankermieter" - auswirken werden, wisse man einfach noch nicht.

Flexible Planung

Infrastruktur müsse künftig flexibler geplant werden, so lautete das Fazit von Tobias Just. Eine spätere Nutzungsänderung oder einen völligen Rückbau schon bei der Planung mitzudenken, das werde künftig notwendig sein. Und zwar laufend: Denn es passiere gerade "Gravierendes" bei der Entwicklung der Bevölkerungs- und Haushaltsstrukturen, "die Prognosen von vor fünf Jahren sind längst obsolet", sagte der Berliner Immobilienmarktforscher Andreas Schulten von der BulwienGesa AG.

Für die Metropolen bedeutet dies laut Just, dass dort in der langfristigen Betrachtung zwar zunächst die Preise weiter steigen werden, dass es aber dann doch auch zu vermehrter Bautätigkeit kommen sollte, denn vorausschauende Unternehmern sollten doch auf diese verstärkte Nachfrage reagieren. Viel Gesprächsstoff also für die weiteren Ausgaben der "Expo Real". (Martin Putschögl aus München, derStandard.at, 9.10.2012)