"Fort - fort - fort!" Stakkatoartig stoßen Stella, Cäcilie, Lucie und Fernando das Wort immer und immer wieder hervor, ihre Stimmen treffen sich, verlieren sich, während die Körper stampfende, zornige Bewegungen vollführen. Nur eine von vielen Szenen, mit denen Johannes von Mattuschka am Linzer Eisenhandtheater Zerrissenheit und Hilflosigkeit darstellen lässt. Mit großer Empathie für Goethes Liebende lässt er sie in "Stella" verzweifelt sein, toben, rasen (wunderbar authentisch dabei: Katharina Vötter als Stella), liebkosen, erotisch sein. Oder lässt die drei Frauen - in einer der schönsten Szenen - hinter dem Glasparavent zu einer verschmelzen.

Dieser Paravent bildet das bestechend einfache, beidseitig bespielte Bühnenbild: Die Innenseite ist mit Packpapier ausgeklebt, das nach und nach zerrissen wird. Es bleibt eine gläserne, undurchdringliche Wand, gegen die sich die Schauspieler pressen, um der verfahrenen Situation Ausdruck zu verleihen: Cäcilie (Katharina Hofmann) wurde verlassen. Sie freundet sich mit Stella an, bei der Tochter Lucie Gesellschafterin werden soll. Stella ihrerseits wurde vom Geliebten verlassen, einer männerlosen Wohngemeinschaft steht nichts entgegen. Da kehrt Fernando (Christian Manuel Oliveira) wieder: Cäcilies Mann und Stellas Geliebter. Goethe hatte in seinem Schauspiel für Liebende 1775 eine Dreiecksbeziehung als Schluss vorgesehen. Ein verpönter Schluss, mit Aufführungsverbot belegt. Also machte Goethe aus dem Liebes- ein Trauerspiel. Von Mattuschka verhilft nicht nur Goethe posthum zu seinem Recht, er schafft ein gleichermaßen überraschendes wie komisches Ende. (wkh, DER STANDARD, 9.10.2012)