Salzburg/Linz - Ein Salzburger ist im September in U-Haft genommen worden, obwohl kein richterlicher Beschluss vorlag. Der Beschuldigte saß rund zehn Tage zu Unrecht in der Justizanstalt Salzburg hinter Gittern. Danach erfolgte erst die formelle Verhängung der Untersuchungshaft. Gegen den zuständigen Strafrichter am Landesgericht Salzburg wurde deshalb ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Verletzung der Freiheit (Paragraf 303 StGB) eingeleitet, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz am Montag auf Anfrage der APA bestätigte.

Dem Häftling waren gefährliche Drohung und Sachbeschädigung vorgeworfen worden. Spätestens 48 Stunden nach der polizeilichen Festnahme hätte die Verhängung der U-Haft erfolgen müssen, was aber nicht geschehen ist. "Die Untersuchungshaft ist nach mehr als einer Woche verhängt worden", sagte Dietmar Gutmayer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz. "Es wird zu prüfen sein, wieso es zu dieser Fristüberschreitung gekommen ist." So etwas passiere sehr selten, erklärte der Staatsanwalt.

Ermittlungsverfahren ausgelagert

Das Ermittlungsverfahren gegen den Richter wurde nach Linz ausgelagert, um jeden Anschein einer Befangenheit in Salzburg zu vermeiden. Auch gegen eine Kanzleimitarbeiterin des Richters werde wegen "fahrlässiger Verletzung der Freiheit der Person oder des Hausrechts" ermittelt, sagte Gutmayer. Dieses Delikt ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten oder mit einer Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen bedroht. Die Staatsanwaltschaft Salzburg habe das mutmaßliche Fehlverhalten des Richters der Behörde in Linz mitgeteilt.

Warum der Formalbeschluss über die Verhängung der U-Haft aufgrund der Tatbegehungsgefahr gefehlt habe, müsse noch geklärt werden, erklärte der Verteidiger des Richters, Peter Lechenauer. Ein paar Tage nach der nachträglichen Verhängung der U-Haft sei der mehr als 20 mal einschlägig vorbestrafte Salzburger von dem Richter enthaftet worden. Und zwar deshalb, weil Angehörige des Mannes, die von diesem gefährlich bedroht worden seien, die Ermächtigung zur Strafverfolgung zurückgezogen hätten, schilderte Lechenauer. Das übrig gebliebene Verfahren wegen Sachbeschädigung sei an ein Bezirksgericht im Bundesland Salzburg ausgelagert worden. (APA, 8.10.2012)