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Alpbach - Wollen die Industriestaaten ihre Schulden abtragen, werden sie noch Jahrzehnte niedriger Zinsen benötigen. Das war Konsens beim Alpbacher Finanzsymposium, das am Freitag mit der traditionellen Zins- und Währungsprognose ausklang. Je größer die Verschuldung, desto negativer müssen die Zinsen abzüglich Inflation sein, präzisierte Michael Rottmann, Analyst von UniCredit. Das könne man jetzt schon am Beispiel der USA und Großbritanniens sehen.

Rottmann rechnet mit einem Zeitraum von zehn bis 20 Jahren, in dem die Inflation über dem Zinsniveau liegen werde. Diese Entwicklung führe zu einem starken Kapitalfluss in Immobilien im Kern der Eurozone, ergänzte Rainer Guntermann von der Commerzbank. Auch Peter Brezinschek von Raiffeisen Bank International rechnet mit anhaltend hoher Inflation als Folge der von den Notenbanken verursachten Geldschwemme. Die Teuerung von aktuell 2,7 Prozent empfindet er angesichts der Rezession in der Eurozone bereits als hoch. Rottmann macht sich hingegen erst bei einer Inflation von vier bis sechs Prozent Gedanken. Tim Geißler von Raiffeisen NÖ/Wien findet es unverständlich, dass EZB und US-Notenbanken für ihre Geldspritzen "jeden Dreck ankaufen". Angesichts der Probleme beider Länder glaubt er nicht an große Währungsveränderungen zwischen Dollar und Euro: "Das ist eine Wahl zwischen Not und Elend."

Zeit gekauft

Die Analysten sind einhellig der Meinung, dass man in der Eurokrise nur Zeit gekauft habe, die für die Beseitigung der strukturellen Probleme genutzt werden müsse. Skepsis klang dabei bei Bawag-Experte Stefan Rossmanith durch. Schon bisherige Entlastungsangriffe der EZB - wie die erste Welle von Staatsanleihenkäufen und die Drei-Jahres-Gelder für die Banken - hätten für Entspannung gesorgt, die sich dann aber als kurzfristig erwiesen habe. Einerseits bezweifelt er, dass die Euroländer bereit sind, ausreichend Souveränität an die EU abzugeben. Andererseits befürchtet er Rückschläge bei den Sparbemühungen in den Krisenländern. Dabei nannte er konkret die Wahlen in Italien im März als Unsicherheitsfaktor für die Währungsunion.

Bis Mitte 2013 rechnen die Experten mit einem leichten Anstieg der kurz- und langfristigen Zinsen in Europa und den USA. Der Euro wird demnach wieder moderat auf 1,27 Dollar zurückgehen. Dass die Schätzungen vor einem Jahr etwas danebenlagen, begründeten die Analysten mit den unkonventionellen Maßnahmen der EZB. (as, DER STANDARD, 6./7.10.2012)