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Die meisten Menschen sind froh, wenn sie ihren nicht mehr benötigten Unrat ohne großen Aufwand loswerden können. Bei Hausabholungen handelt es sich jedoch oft um nicht genehmigten Abfallentsorgungen.

Foto: APA/Abfallverband

Wien - Es ist wirklich praktisch. Der Kühlschrank ist kaputt, und auch sonst hat sich einiger Krempel angesammelt, und plötzlich liegt da dieser Zettel vor der Tür: Wer nichtgebrauchte Sachen hat, solle sie vors Haus stellen. Am nächsten Tag ist der Abfall weg. Rund 3000 "fahrende" Müllsammler aus dem Osten Europas kümmern sich seit Jahren um diese Art der Hausabholung von Unrat und nicht mehr benötigten Haushaltssachen.

Rechtsgutachten für Entsorgungsverbände

"Eigentlich", sagt Umweltrechtsexperte Martin Eisenberger von der Montan-Uni Leoben, "ist das völlig illegal." Bei derartigen nicht genehmigten Abfallentsorgungen drohten Strafen bis zu 36.000 Euro. Eisenberger im Gespräch mit dem STANDARD: "Diese treffen nicht nur den Sammler selbst, sondern auch jeden Einzelnen, der seinen Müll bei diesen Sammlungen abgibt." Eisenberger hat zu diesem Thema jetzt ein Rechtsgutachten für Österreichs private und kommunale Abfallentsorgungsverbände erstellt.

Von den sogenannten "Kleinmaschinen-Brigaden", sagt Eisenberger, würden über private Sammlungen in Österreich jährlich 80.000 Tonnen Abfall - andere Schätzungen gehen bis 160.000 Tonnen - aus Österreich ungesetzlich entfernt. Die aus den Altgeräten herausgeholten Rohstoffe - etwa Eisen - würden in die Türkei zur Schmelze geführt oder gelangten auf Umwegen zurück nach Österreich. Neben einem betriebswirtschaftlichen Schaden - es ist von mehr als zehn Millionen Euro die Rede - entstünden durch die unsachgemäße Behandlung des Abfalles - Kühlschränke oder Fernseher würden etwa mit Äxten zerlegt und abgefackelt - auch gravierende Umweltprobleme, argumentieren die heimischen Entsorgungsverbände.

"Mafiöse Strukturen"

"Für viele steht bei der Abgabe ihres Müll an meist osteuropäische Sammler der soziale Gedanke im Mittelpunkt. Viele glauben nach wie vor, damit arme Menschen zu unterstützen. Tatsächlich stehen hinter den meisten dieser Sammlungen mafiöse Strukturen", glaubt Josef Moser, Bundesobmann der Österreichischen Abfallwirtschaftsverbände. Österreich gingen dadurch wertvolle Rohstoffe verloren, wie eine aktuelle Untersuchung des Institutes für nachhaltige Abfallwirtschaft und Entsorgungstechnik an der Montan-Uni Leoben ergeben habe. Die Verbände würden jetzt jedenfalls gemeinsam mit der Polizei streng dagegen vorgehen.

Einen völlig anderen Zugang zur Problematik sucht eine EU-weite Initiative, für die sich besonders die Wiener Universität für Bodenkultur engagiert. Hier wird im Zuge des von der EU mit 3,3 Millionen Euro geförderten Projektes "TransWaste" versucht, diese grenzüberschreitende Abfallentsorgung auf eine rechtliche Basis zu stellen. TransWaste richtet laut Projektziel "seine Aufmerksamkeit "vor allem auf die ethnische Gruppe der Roma, die als informelle Abfallsammler in vielen Regionen in Mitteleuropa aktiv sind".

Wiederverwendung im Mittelpunkt

Die Initiatorin des EU-Projektes, Gudrun Obersteiner vom Institut für Abfallwirtschaft an der Boku Wien, wehrt sich gegen die Vorwürfe der Abfallverbände, sie versuche, die illegalen Transporte über Umwege zu legalisieren. Obersteiner im Gespräch mit dem STANDARD: "Das ist ein Missverständnis. Uns geht es nur um den Faktor der Wiederverwendung. Um jene Gegenstände, die wieder gebraucht oder auf Flohmärkten verkauft werden können. Dass es schwarze Schafe gibt, wissen wir. Aber man will sich hier offenbar die Pfründe sichern." (Walter Müller, DER STANDARD, 6./7.10.2012)