Graz - Psychische Belastungen am Arbeitsplatz seien bereits für rund 22 Prozent aller Frühpensionierungen verantwortlich - dem Bereich Arbeitsmedizin komme daher auch im Sinne der Wirtschaft eine immer höhere Bedeutung zu, sagte Christine Klien, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag zu Beginn der dreitägigen Jahrestagung in Graz. Die Veranstaltung beschäftigt sich mit drei Schwerpunkten: der Evaluierung psychischer Belastungen, dem betrieblichen Eingliederungsmanagement sowie Berufskrankheiten in Österreich und der EU.

Seit 1995 habe die Zahl der Zuerkennung von Invaliditätspersonen jährlich zugenommen, berichtete die Arbeitsmedizinerin Klien. Im diesem Jahr waren es noch rund 3.500 bewilligte Anträge. 2011 verzeichnete man bereits rund 10.000 Pensionierungen aufgrund psychischer Erkrankungen. Bei 29 Prozent aller frühpensionierten weiblichen Angestellten und 18 Prozent aller früher in Rente geschickten Männer waren psychische Erkrankungen ausschlaggebend. Diese seien auch für 5,6 Prozent aller durch Krankheiten entfallenen Arbeitstage verantwortlich, wurden Zahlen der Gebietskrankenkasse zitiert.

Früherkennung ist wichtig

Der Arbeitsmediziner dürfe nicht nur als der "Hausdoktor" eines Betriebes gelten, sondern es müsse selbstverständlich sein, welche wichtige Rolle ihm in Hinsicht auf Prävention zukomme. "Das ist auch praktischer Nutzen für die Wirtschaft, nicht nur lästige Pflicht", so Klien in Hinblick auf die stetig steigenden Ausfälle von Arbeitnehmern durch psychische Erkrankungen. Es gebe Firmen, die böten zwar psychische Betreuung für Mitarbeiter an, was "nett ist, aber nichts an den Arbeitsbedingungen ändert". Speziell bei Burn-out und den daraus häufig entstehenden Erschöpfungsdepressionen habe man steigenden Fallzahlen. Hier wäre Früherkennung wichtig. In weiterer Folge nach der Behandlung von Erkrankungen gehe es auch um die Wiedereingliederung in die Firma.

Erich Pospischil, Primar im AMZ Mödling erklärte, Unternehmen täten gut daran, die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter zu erhalten. "Damit ist nicht Leistungssteigerung gemeint", so Pospischil. Die Tagung könne auch Betrieben Konzepte bieten. Hierbei müsse man schon bei ganz einfachen Dingen ansetzen, wie etwas ergonomisch geeignetes Gerät oder auch gute Werkzeuge und Computerprogramme, die das Arbeiten nicht zusätzlich zur Belastung machten. Es gehe nicht nur um Prävention, sondern auch darum, wie Menschen länger im Beruf bleiben könnten, mit all ihrem Know-how. Psychische Belastungen seien erkennbar und messbar, zum Beispiel mit "skalierten und getesteten Fragebögen" oder auch Interviews. (APA, 4.10.2012)