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Drehorgeln, Dampfmaschinen, ausrangierte Karussellpferdchen, sorgsam geschlichtete Folianten und dazwischen immer wieder Marionetten, Puppen und andere verrätselte Figuren. Wer hier bloß Antiquitäten sieht, der ist ein Narr. Es ist ein Asyl der tausend Seelen, das sich Michael Wanzenböck in einem unscheinbaren Eckhaus in der Rasumofskygasse in Wien-Landstraße eingerichtet hat.

Für sich, für die Kunden und Schaulustigen, die durch eine schmale Tür hindurch diese Wunderkammer betreten, ist der Mann hinter der Budel bloß "der Mike". Vor bald fünf Jahren mietete der heute 36-Jährige eine alte Schlosserei an, "dann hab ich einfach die Tür aufgemacht und gewartet, was passiert". Seitdem hat er das einstmals dunkle Gemäuer in "Mikes Werkstatt", nichts weniger als ein Spiegelbild seines kunterbunten Lebens, verwandelt. Jahrelang tingelte der gebürtige Brite durch die Welt, verdingte sich als Kellner und Gärtner, um schließlich als Straßenmusiker durch Europa zu ziehen.

Kein Plan, kein Konzept

Nun ist er angekommen in einem Refugium, in dem er "ein bisschen der Zirkusdirektor sein kann", und arbeitet an der Verwirklichung seiner Träume. Bau und Bespielung einer eigenen Theaterbühne war so ein Traum, den sich Mike erfüllt hat.

Seitdem handelt der Kleinkunst-Impresario nicht nur mit den nostalgischen Preziosen, die er in aller Herren Länder erwirbt, sondern steht auch als Schau- und Puppenspieler auf der Bühne. Und wenn er wieder ein paar Kartons Bücher beisammenhat, veranstaltet er einfach einen Flohmarkt. Nein, einen Plan, ein Konzept hat der Mann nicht – bloß ein Übermaß an Fantasie und Kreativität. Und den Mut, einfach eine Tür aufzumachen. (Stefan Schlögl, derStandard.at, 5.10.2012)

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Mikes Werkstatt

derstandard.at/schlögl