Joseph Gordon-Levitt (li.) und Bruce Willis hadern in "Looper" mit dem Schicksal, das sie über die Grenzen der Zeit zusammenführt.

Foto: Constantin Film

Joseph Gordon-Levitt teilt sich darin mit Bruce Willis Identität und Zukunft.

Wien - Einen Looper stellt man sich am besten als jemanden vor, der sich auf ein Duell mit einem Kontrahenten aus der Zukunft einstellt. Er hat dabei den entscheidenden Vorteil, dass er immer weiß, wo und wann sich sein Gegenüber materialisiert - gleich einem Gefangenen, gefesselt, mit einem Sack über den Kopf.

Es handelt sich um ein schmutziges Geschäft im Jahr 2044. Eigentlich verbotene Zeitreisen werden von der Unterwelt aus der noch ferneren Zukunft heimlich dazu genützt, Menschen in die Vergangenheit abzuschieben, wo sie dann kaltblütig liquidiert und entsorgt werden. Der Plastikuntersatz steht immer schon bereit.

Wie eigentlich bei fast allen Zeitreise-Filmen darf man sich auch in Rian Johnsons Science-Fiction-Thriller Looper, der seit seiner Premiere auf dem Filmfestival von Toronto begeisterte Resonanz findet, nicht allzu lange mit logischen Fragen aufhalten, sonst droht ein gordischer Knoten im Kopf. Dafür gibt es im Film sogar einen amüsanten selbstreferenziellen Moment, wenn sich Old Joe (Bruce Willis) und Young Joe (Joseph Gordon-Levitt) in einem Diner gegenübersitzen und sich nicht lange mit dieser paradoxen Lage aufhalten, da es ja doch niemanden weiterbringt.

Johnson inszeniert mit einem vergleichbaren vorwärtsgerichteten Blick, denn er will die Dinge in Bewegung halten und nicht ihre Rückseiten studieren. Der originelle Twist des Films, so viel darf man hier auch Spoiler-bangen Zusehern verraten, besteht nun darin, dass ein Looper irgendwann seinem älterem Ich gegenübersteht - und wenn er abdrückt, gibt es einen Golden Handshake und "quality time" bis zum tödlichen Rendezvous.

Tut er es jedoch nicht, haben beide Ichs keine ruhige Minute mehr, weil ein omnipotenter Bösewicht aus der Zukunft alles unternimmt, den Riss im Zeitkontinuum wieder zu schließen. Joe hat nun ebenjenes Problem, dass ihm sein besonders hartnäckiges Alter Ego in Gestalt von Willis begegnet.

Tragisch und romantisch

Er bewegt sich in Looper fokussiert auf der Leinwand wie zu seinen besten Zeiten - und sein Drang, das eigene Leben (und jenes seiner zukünftigen Frau) zu retten, erscheint tragisch und dämonisch zugleich. Rian Johnson weckt nicht nur damit Erinnerungen an andere Science-Fiction-Filme, am offensichtlichsten wohl an Terminator, La Jetée (bzw. 12 Monkeys) oder The Fury, doch er macht dabei nicht den Fehler, die Analogien überzustrapazieren.

Looper ruft geschickt das Gedächtnis des Kinos ab, um ein Universum zu schaffen, in dem es zu neuen, verblüffend wirksamen Verbindungen bekannter Teile kommt.

Eine Noir-Stadt, in der Verbrechen auf offener Straße geschehen, bestimmt den ersten Teil des Films, sie weicht schließlich einem ländlicherem Setting - der Farm von Sara (Emily Blunt) und ihrem Sohn, bei denen der jüngere Joe Unterschlupf findet. Von der Dynamik des Verfolgtseins wechselt der Held schleichend in einen Beschützermodus über. Damit wird auch die Montage merkbar ruhiger, die Handlung faltet sich in mehrere Richtungen, es wächst das Mysterium um jene paar Möglichkeiten, mit denen sich vielleicht etwas an der Zukunft verändern lässt.

Berührende Superkräfte

Manches an Johnsons stilistischen Anstrengungen mag überzogen wirken - etwa der Versuch, Gordon-Levitt kosmetisch an Willis anzunähern, was einen eher störenden Verfremdungseffekt generiert. Doch das tut eigentlich wenig zur Sache bei einem Film, der sich nicht auf das mechanische Abrufen von Standardsituationen beschränkt, sondern der auch große Gesten und ein gewisses Pathos riskiert, um Spezialeffekten eine entsprechende emotionale Resonanz zu verleihen: So berührend wie in Looper waren Superkräfte im Kino schon länger nicht mehr. (Dominik Kamalzadeh, 4.10.2012)