Brüssel/Washington - Der Ausgang der Wahlen in der Südkaukasusrepublik Georgien ist auf positive Reaktionen in der EU, den USA und bei Russland gestoßen. Die EU gratuliert dem Wahlgewinner Bündnis Georgischer Traum. "Sowohl eine verantwortungsvolle Regierung als auch eine konstruktive Opposition sind zentrale Bestandteile einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft", teilten die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und der EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik, Stefan Füle, am Dienstagabend gemeinsam in Brüssel mit.

US-Außenministerin Hillary Clinton beglückwünschte das georgische Volk zu den friedlichen Wahlen. Es sei ein "historischer Tag" für alle Georgier und für die demokratische Zukunft Georgiens gewesen, betonte Clinton laut einer Erklärung ihres Ministeriums. Die USA riefen alle Parteien zu einer konstruktiven Zusammenarbeit auf.

Moskau "zum Dialog bereit"

Nach dem Wahlsieg von Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili schloss Russland einen Neustart im zerrütteten Verhältnis mit dem Nachbarland nicht aus. "Im Parlament werden verantwortungsvollere und konstruktivere Kräfte vertreten sein", sagte Regierungschef Dmitri Medwedew am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax. Die Kremlpartei Geeintes Russland sei zum Dialog bereit.

Bei der Wahl in Georgien hatte Staatschef Michail Saakaschwili eine Schlappe erlitten. Seit dem russisch-georgischen Südkaukasuskrieg von 2008 gilt er als Erzfeind des Kremls. Medwedew hatte Saakaschwili mehrfach als "politische Leiche" bezeichnet.

Die erst im April gegründete Bewegung Georgischer Traum des Milliardärs Iwanischwili lag nach Auszählung von 97 Prozent der Stimmzettel mit 55 Prozent in Führung, wie die zentrale Wahlkommission am Mittwoch in Tiflis mitteilte. Sie liegt damit 15 Prozentpunkte vor dem Machtlager von Präsident Michail Saakaschwili, das auf 40,2 Prozent der Stimmen kam.

Saakaschwili räumte Niederlage ein

Die von ihm geführte Vereinte Nationale Bewegung gehe in die Opposition, sagte Saakaschwili am Dienstag in einer Fernsehansprache an die Nation. Damit ist das Machtmonopol des Präsidenten neun Jahre nach der unblutigen Rosenrevolution von 2003 gebrochen. Iwanischwili forderte den Staatschef zum Rücktritt auf.

"Er hat viele Fehler gemacht", sagte der Wahlsieger. Alle Reformen der Regierung seien gescheitert. Die für Herbst 2013 geplante Präsidentenwahl in der Ex-Sowjetrepublik am Schwarzen Meer müsse vorgezogen werden, sagte Iwanischwili.

Der 56 Jahre alte Iwanischwili, der Premierminister und damit - nach einer Verfassungsänderung im kommenden Jahr - der mächtigste Mann im Staat werden will, rief Saakaschwilis Lager zur Zusammenarbeit auf. "Es gab Gewalt, es gab Lügen. Heute müssen wir uns zusammenschließen und ein neues einiges Georgien aufbauen", sagte der reichste Mann des Landes.

Bisher amtierte der 44-jährige Saakaschwili mit einer Zweidrittelmehrheit und regierungstreuen Parteien im Parlament. Die neue Verteilung der 150 Parlamentssitze blieb aber zunächst noch unklar, da nicht alle Direktmandate ausgezählt waren.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte in Tiflis zuvor die Abstimmung als frei und demokratisch gelobt. Allerdings beklagte sie auch eine Atmosphäre der Einschüchterung. (APA, 3.102012)