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Ed Miliband, Chef.

Foto: Reuters/Noble

Manchester/London - Vom notwendigen "Wiederaufbau" ist viel die Rede beim Jahreskongress der britischen Labour Party in Manchester. Stein für Stein wollen die Sozialdemokraten in kommenden Jahren neu errichten, was ihrer Ansicht nach zurzeit die konservativ-liberale Koalition unter David Cameron zerstört: Staatsfinanzen und Wirtschaftskraft des Landes; den sozialen Zusammenhalt; und das Wohlfahrtsnetz, das mit immer weniger Mitteln immer mehr Leute auffangen muss.

"Rebuilding Britain" steht riesig, als Slogan, über der Tagungshalle in Manchester. Das will Schatten-Schatzkanzler Ed Balls ganz wörtlich verstanden wissen. Er würde, verkündete er schon Anfang der Woche, Milliardeneinnahmen aus dem Verkauf von Mobiltelefonrechten in den Bau "von 100.000 neuen Häusern" stecken - und durch massive Infrastruktur-Verbesserungen Jobs und neues Wachstum schaffen.

Auch das Wirtschaftssystem selbst will Labour erneuern. Die traditionelle Anlehnung an die City, an die mächtigen Finanzinstitutionen in London, hofft Parteichef Ed Miliband mit etwas zu ersetzen, das er "verantwortungsbewussten Kapitalismus" nennt.

Investment- und High-Street-Banken etwa sollen getrennt, Profithaie anders als echte Wertproduzenten in der Industrie behandelt werden. Firmen will Miliband in ein umfassendes Ausbildungssystem für Junge einbinden. Wirtschaft und Banken, rief er am Dienstag seiner Partei zu, müssten dem ganzen Land, müssten ausnahmslos allen Bürgern dienen.

Vergebens hat die Cameron-Regierung bisher versucht, Miliband als "roten Ed", seine Reformideen als gemeingefährlich einzustufen. Auch in Manchester wieder hat der Labour-Chef seine Reformpläne vorsichtig austariert mit dem Versprechen, dass unter einer Miliband-Regierung etwa die von Cameron eingefrorenen Gehälter im öffentlichen Dienst vorläufig eingefroren bleiben sollen. Labour will nicht länger als Partei der porösen Kassen gelten. Ein bisschen Konflikt mit den Gewerkschaften kommt den Reformern um Miliband so durchaus gelegen.

Weniger gekünstelt

Ein ungelöstes Problem für Labour bleibt allerdings die Person des Parteichefs. Am Dienstag tat Miliband erneut sein Bestes, um sich als Mann des Volkes, als einfachen Sohn einer Flüchtlingsfamilie zu präsentieren. Besser als in früheren Jahren gelang es ihm, einen seriösen Ton anzuschlagen, einen weniger gekünstelten Auftritt zu absolvieren - in freier Ansprache, ohne Notizen, auf der Plattform auf- und abspazierend.

Helfen werde ihm das aber in der Entscheidungsschlacht nicht, prophezeit der Ex-Tory-Abgeordnete Paul Goodman: Den Briten sei am Ende "ein starker und blasierter" Regierungschef wie David Cameron lieber als "ein schwacher und merkwürdiger" Mensch wie Ed Miliband. (Peter Nonnenmacher /DER STANDARD, 3.10.2012)