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Der Bahnhof soll auch schwere Beben abfedern können.

Foto: epa

Tokio hat seit Montag sein Juwel wieder: den Hauptbahnhof im Zentrum der Stadt. Runderneuert nach fünfjährigen Bauarbeiten kann Japans Kaiser vom Haupttor seines Palasts nicht mehr nur Gerüste, sondern wie bei seiner Erbauung im Jahr 1914 die glänzenden Kupferkuppeln des Bahnhofs sehen. Auch innen wurde der alte Glanz wieder erneuert. Am 3. Oktober eröffnet dann das Bahnhofshotel neu, Stuck, Kronleuchter und Dampfbahnlook inklusive.

Das Spektakel war den Bauherren, der Bahngesellschaft JR East, im September sogar eine 3-D-Lasershow wert. Eisenbahnen dampften über die Fassade. Doch von außen wie von innen sieht man dem fast 100 Jahre alten und 350 Meter langen roten Backsteingemäuer nicht an, dass es sich um einen Meilenstein modernster Bautechnik handelt. Noch nie zuvor wurde ein so großes Gebäude nachträglich erdbebensicherer gemacht. Wahrscheinlich handelt es sich sogar um eines der erdbebensichersten Gebäude von Japans ohnehin sehr erdbebensicher gebauten Hauptstadt Tokio.

In jahrelanger Wühlarbeit wurde das Fundament untergraben, mit Untergeschossen aus Beton versehen und auf 350 Isolatoren aus Bleikernen, Gummi und Stahl gestellt. Zusätzlich werden 160 Öldämpfer eingesetzt, um die seitlichen Bewegungen des Gebäudes auf unter 25 Zentimeter zu beschränken. Sonst droht das denkmalgeschützte Gemäuer bei einem starken Beben mit den Gleisanlagen zusammenzukrachen.

Massiver Erdbebenschutz

JR East hat sich den Erdbebenschutz viel kosten lassen. Von der runden halben Milliarde Euro, die die Neuentwicklung der Bahnhofsgegend verschlungen hat, sind nach Aussagen von Ingenieuren etwa sechs Prozent auf den Erdbebenschutz entfallen. Bei einem normalen Haus sind es gerade zwei Prozent.

Der Effekt soll sich bei Mega-Beben sehen lassen können. Der Bahnhof hat zwar dank seiner Stahlgerüststruktur selbst das schwere Erdbeben von 1923 überlebt, dessen Magnitude im Epizentrum auf 7,9 auf der nach oben offenen Richterskala geschätzt wird. Aber er wurde beschädigt.

Der "neue" Bahnhof soll nun wenigstens ein Erdbeben der Stärke 7, das in Tokio nach inzwischen überholten amtlichen Schätzungen mehr als 10.000 Menschenleben kosten könnte, ohne Mauerrisse wegfedern können. (Martin Kölling aus Tokio, DER STANDARD, 2.10.2012)