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Belgiens Premier Elio Di Rupo (Mi.) beim SPE-Kongress mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (re.) und Sergej Stanischew. Der bulgarische Expremier wurde zum SPE-Präsidenten gewählt.

Foto: APA/EPA/Hoslet

Bei Europawahlen treten sie als Plattform an, mit einem Spitzenkandidaten. Der soll nach einem Sieg Präsident der EU-Kommission werden. Favorit: Martin Schulz.

 

Gratis gab es nichts beim Parteikongress von Europas Sozialdemokraten Parteien (SPE). Für Gnocchi im Pappbecher mussten Teilnehmer im Museumsquartier, wo sich Parteichefs, Delegierte und auffallend viele junge Aktivisten versammelten, acht Euro auf den Tisch legen; für ein Cola noch einmal zwei.

Die Krise bringt harte Zeiten, auch für Parteien. Da gebe es nichts mit der Gießkanne zu verschenken, lautete wohl die symbolisch-politische Botschaft.

Die knappen Mittel müssen auch in einem neuen politischen Programm für Europa, das man am Samstag verabschiedete, umso gezielter eingesetzt werden, wo sie am meisten gebraucht werden: für sozial Schwache; für jene, die keine Arbeit haben; für die junge Generation, in der "manche vier Sprachen sprechen, drei Abschlüsse haben, aber trotzdem keinen Job". So formulierte es in seinem Hauptreferat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz.

Die Stimmung ist kämpferisch. "Wir müssen in Erziehung und Innovation investieren", sagt ein Delegierter aus Schweden zum wichtigsten Anliegen. "Wir müssen die soziale Wende schaffen", wirft ein Franzose ein. Am meisten aber ist davon die Rede, dass man Europa nicht kaputtsparen dürfe. "Sparen allein schafft keine Arbeitsplätze", erklärt ein deutscher Delegierter.

"Ja, wir haben eine Verantwortung für Fiskaldisziplin", referiert Hannes Swoboda. Budgets müssten saniert werden, aber "dafür brauchen wir mehr Zeit".

Programmchef Swoboda

Der Österreicher ist als Chef der SP-Fraktion im Europaparlament so etwas wie die programmatische Speerspitze für die SP-Schwesterparteien geworden. Nun trägt er vor, was als gemeinsames Wahlkampfprogramm bei den EU-Wahlen im Juni 2014 dienen soll. Dabei soll es auch einen gemeinsamen Spitzenkandidaten geben, der im Falle eines Wahlsieges über die Konservativen automatisch den Posten des EU-Kommissionspräsidenten einnehmen soll. Man hofft so auf mehr Bürgerinteresse.

Neben Reformen müsse es Raum für gezielte Förderungen geben, die die noch immer stark steigende Arbeitslosigkeit senken. Europas SP stehe für soziale Gerechtigkeit, für faire Demokratie, so Swobodas Botschaft. Wesentlich drastischer formuliert es Schulz: "Die Medizin der Rechten funktioniert nicht, deren Kasinokapitalismus", ruft er in den Saal, "wir brauchen daher neue Mehrheiten in Europa." Das sei "ein reicher Kontinent, aber der Wohlstand muss anders verteilt werden". Schulz gilt als haushoher Favorit für die gemeinsame Spitzenkandidatur 2014, will sich aber noch nicht darauf festlegen lassen. "Ich bin jetzt seit acht Monaten Präsident des Parlaments, will diesem eine starke Stimme sein. Dabei habe ich noch 22 Monate vor mir", sagt er im Gespräch mit dem Standard. Es sei "noch zu früh", diese Frage zu beantworten, aber: "Ich betrachte es aber als Ehre, als Kandidat für die Nummer eins angesehen zu werden." Andere Kandidaten seien derzeit nicht auszumachen, heißt es in SPE-Führungskreisen. Schulz dürfte im Frühjahr beim Parteitag der SPD vorgeschlagen werden.

Mit 91 Prozent wurde Sergej Stanishew, Bulgariens Expremier, als erster Osteuropäer an der Spitze zum Präsidenten der SPE gewählt. (Thomas Mayer aus Brüssel/DER STANDARD, 1.10.2012)