Rentiere beim kargen Grasen auf Spitzbergen.

Foto: Erik Ropstad

Regnet es, wird das Futter der Tiere gleichsam unter Eis versiegelt.

Foto: Vebjørn Veiberg

Die Folgen dürften für alle gleich sein. Besonders schwierig wird es bei Regen - und der könnte häufiger werden.

Von Spitzbergen ist es dann auch nicht mehr weit bis zum Nordpol. Gerade einmal 1000 Kilometer trennen die von Norwegen verwaltete Inselgruppe vom nördlichsten Punkt des Planeten. Entsprechend eisig kalt ist es auf den Inseln, die während der meisten Zeit des Jahres von einer dicken Schneedecke überzogen sind.

Dennoch gibt es auf den Inseln zwei Säugetierarten, die sich allein von Pflanzen ernähren und erfolgreich der Kälte und dem Schnee trotzen: Rentiere und die eingeschleppte Osteuropäische Feldmaus, die vom östlichen Europa bis Sibirien vorkommt. Und diese Tiere sind wiederum Beute für andere Säugetiere.

Ein norwegisches Wissenschafterteam hat nun untersucht, wie sich Klimaveränderungen auf diese Pflanzenfresser auswirken. Sie taten das zum einen vor dem Hintergrund, dass der Klimawandel in der Arktis besonders stark ausfällt. Zum anderen ist offensichtlich, dass Mäuse und Rentiere bis auf die Nahrungsquelle und ihre erstaunliche Anpassungsfähigkeit wenige Gemeinsamkeiten aufweisen - und wohl unterschiedlich reagieren würden.

Zum Erstaunen der Forscher zeigte sich allerdings, dass die relativ starken Veränderungen in der Population der großen und der kleinen Säugetiere nahezu parallel verliefen - und das, obwohl die rund 100 Gramm schweren Mäuse gerade einmal ein bis zwei Jahre alt werden, die bis zu 200 Kilogramm schweren Rentiere hingegen eine Lebenserwartung von zehn bis zwanzig Jahren haben.

Was aber ist der Grund dafür, dass die großen und die kleinen Vierbeiner nahezu synchron an Populationsdichte ab- und zunehmen? Die Lösung musste in der gemeinsamen Nahrung zu finden sein, zumal die Tiere auch unterschiedliche Regionen auf Spitzbergen besiedeln.

Regen als des Rätsels Lösung

Als die norwegischen Wissenschafter schließlich die Zeiten stark abnehmender Populationen mit den Wetterdaten verglichen, sahen sie eine seit langem diskutierte Erklärung bestätigt: Die entscheidende Variable sind die Regenfälle, die auf Spitzbergen noch relativ selten passieren und die karge Landschaft im Normalfall mit einem dicken Eispanzer überziehen können. Wenn der Regen kommt, dann sind sowohl Rentiere wie auch Mäuse von ihrem Futter abgeschnitten, und je nach Dauer des Eises gehen mehr oder weniger Tiere daran zugrunde, schreiben die Biologen im Fachblatt "Biology Letters der Royal Society".

Solche synchronisierten Reaktionen dürften in extremen Regionen wie der Arktis häufiger sein als anderswo, vermuten die Wissenschafter. Und sie befürchten, dass der Klimawandel auf Spitzbergen in Zukunft mehr Regen bringen dürfte. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 26.9.2012)