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Karlheinz Kopf, Klubobmann der ÖVP:

Foto: APA/Fohringer

Mit 1. Oktober müssen rund 5.600 öffentliche Stellen ihre Werbebuchungen melden. Zur Freude von Eugen Russ vom Vorarlberger Medienhaus - und dem Verband Österreichischer Zeitungen VÖZ), auf dessen Initiative das Medientransparenzgesetz zurückgeht. Denn derzeit, kritisiert Russ bei einer Diskussion bei den Medientagen, werde das Inseratengeld der öffentlichen Hand nach "Gutsherrenart" vergeben: "Völlig ohne Kontrolle."

Dabei handle es sich um ein Anzeigenvolumen im Wert von 140 Millionen Euro, so Russ. Das Dreizehnfache der Presseförderung, die rund elf Millionen Euro pro Jahr beträgt. Eine Initiative im Sinne der Transparenz: "Die Geldflüsse können wir uns jetzt bei offenem Tageslicht ansehen", sagt er in Anspielung auf Boulevardmedien, die überproportional von Regierungsgeldern profitieren würden, so die Kritik. "Mal sehen, was sich verändern wird."

ÖVP: "Auswüchse abstellen"

Für Karlheinz Kopf, Klubobmann der ÖVP, ist das Medientransparenzgesetz die Reaktion auf "wettbewerbsverzerrende Aktivitäten der öffentlichen Hand". Die Unabhängigkeit der Medien sei in Gefahr gewesen, moniert Kopf. Einerseits die Profiteure von üppigen Inseratengeldern, andererseits Medien, die schlecht aussteigen. Das solle der Vergangenheit angehören. "Auswüchse" müssten abgestellt werden. Ebenso wie "Versuche von Politikern, sich öffentliche Meinung zu kaufen" auf der einen Seite und Druck von Medien, Werbung und Berichterstattung zu verknüpfen, auf der anderen Seite: "Medien gehen auf erpresserische Weise auf Politiker und öffentliche Stellen zu, um Werbegelder zu lukrieren", sagt Kopf - ohne Namen zu nennen.

Gutes Inserat, schlechtes Inserat

Nicht ganz zufrieden mit dem neuen Gesetz, und noch weniger mit der Diskussion im Zuge der "Inseratenaffäre" wirkt Josef Cap, Klubobmann der SPÖ. Es sei nur mehr eine Frage der Zeit, bis die Forderung kommt, öffentliche Inserate generell zu verbieten, befürchtet er. Die derzeitige Debatte sei aus dem Ruder gelaufen. Medien und Journalisten würden sich gegenseitig der Käuflichkeit bezichtigen. "Wer bestimmt, was ein gutes Inserat ist und wer bestimmt, was ein schlechtes Inserat ist? Da wird es schwierig." Er bedauert auch, dass es Ministern untersagt ist, ihr Konterfei auf einem Inserat zu platzieren. "Ich habe es geschätzt, wie ich die Bilder von Ministern gesehen habe", meint Cap wohl völlig ironiefrei. Es gehe um die Nützlichkeit von Kommunikation.

"Kein Wettbewerb der Verhaberung"

Dass sich Österreichs Verleger mit dem Gesetz ins eigene Knie geschossen haben, glaubt Eugen Russ vom Vorarlberger Medienhaus nicht. "Das ist gut überlegt." Von einigen Seiten wird befürchtet, dass die Werbeschaltungen zurückgehen werden. Wegen der Transparenz und dem Verwaltungsaufwand, der beim Melden der Inseratentätigkeit entsteht. Manche Medien, so Russ, würden derzeit ein Drittel, wenn nicht sogar die Hälfte ihrer Werbeerlöse über Anzeigen der öffentlichen Hand generieren. Eine Abhängigkeit, die sich in der Berichterstattung manifestiere. "Es soll einen publizistischen Wettbewerb geben und nicht einen Wettbewerb der Verhaberung." Und: "Die Grenze der Freiheit ist erreicht, wenn Werner Faymann als Austro-Obama bezeichnet wird". Geschehen in "Österreich".

VÖZ will 50 Millionen Presseförderung pro Jahr

Um die Abhängigkeit von Ministerien und in deren Einflussbereich befindlichen Unternehmen zu reduzieren, wünscht sich Russ eine Erhöhung der Presseförderung. Eine Größenordnung von 50 Millionen Euro pro Jahr wurde zuletzt vom VÖZ als Ziel definiert. Gesprächsbereit zeigt sich ÖVP-Klubobmann Kopf. Auf eine Summe festlegen will er sich nicht, nur so viel: "Wenn es 30 oder 40 Millionen sind, soll es mir recht sein." Die zusätzlichen Millionen könnten etwa über ein neues "Leistungsschutzrecht" kommen, denn: "Die Verleger leiden unter dem Diebstahl ihres Contents", sagt Kopf und meint damit Unternehmen wie Google oder Facebook, die diese publizistischen Inhalte kommerziell verwerten würden: "Ohne in Österreich nur einen Cent an Steuern zu zahlen." Als Vorbild könnte Deutschland dienen, wo ein neues Leistungsschutzrecht gerade heftig diskutiert wird. Verlage wollen an den Einnahmen von Suchmaschinen und Nachrichten-Aggregatoren mitnaschen. In Form von Gebühren.

Was in Österreich diskutiert wird, ist eine Online-Werbeabgabe. Bis jetzt sind digitale Werbeerlöse von einer solchen ausgenommen. Das führe dazu, dass Österreichs Printmedien zahlen müssen, ausländische Digitalmedien aber nicht zur Kasse gebeten werden. Ein Ungleichgewicht ortet hier Eugen Russ, denn von den 200 bis 250 Millionen Euro, die in Österreich in Onlinewerbung investiert werden, gingen die Hälfte an Google und Facebook. "Das könnte man besteuern." Um zum Beispiel die Presseförderung zu erweitern. (Oliver Mark, derStandard.at, 25.9.2012)