Facebook stoppt nach Kritik von Datenschützern die umstrittene Gesichtserkennungs-Funktion in Europa. Das Online-Netzwerk hat sich bereiterklärt, bis zum 15. Oktober alle bisher dafür erstellten Nutzerprofile zu löschen, teilte die irische Datenschützbehörde am Freitag mit. Die Funktion sei bereits für alle neuen Nutzer in der EU abgeschaltet gewesen und werde jetzt komplett auf Eis gelegt. Die Entscheidung markiert den ersten Sieg der vom Wiener Studenten Max Schrems gegründeten Initiative "europe-v-facebook.org" gegen den US-Internetkonzern.

"Cool"

"Wir können jetzt die erste von 23 Anzeigen fallen lassen", sagte Schrems am heutigen Freitagnachmittag in einer ersten Reaktion gegenüber der APA. "Das ist relativ cool für uns." Schrems zeigte sich überrascht von der Wende, habe doch der zuständige Beamte bei der irischen Datenschutzkommission noch vor einem Jahr bei der Gesichtserkennung keinen Handlungsbedarf gesehen.

"Europa gegen Facebook" hat insgesamt 23 Anzeigen bei der irischen Datenschutzbehörde eingebracht. Neben der Gesichtserkennung geht es um Fragen zum Umgang mit Nutzerdaten und ihrer Löschung. Das Einlenken des US-Konzerns bei der Gesichtserkennung schreibt Schrems insbesondere der Tatsache zu, dass sich die Hamburger Datenschutzbehörde dieser Frage angenommen habe. "Es hat wahnsinnig viel Druck auf europäischer Ebene gegeben", sagte der Wiener Jus-Student.

Kritik

Der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar hatte kritisiert, eine Datenbank mit dem "Gesichtsabdruck" von Millionen Mitgliedern habe ein immenses Risiko- und Missbrauchspotenzial. Er forderte, dass Nutzer ausdrücklich um ihre Zustimmung zur Freischaltung der Funktion gefragt werden müssten. Facebook hatte bisher betont, die Fotomarkierungs-Funktion sei vollkommen konform mit den europäischen Datenschutzbestimmungen.

Facebook machte keine Angaben dazu, wie und wann die Funktion in Europa wieder eingeführt werden könnte. "Wir hoffen, dass wir das großartige Hilfs-Werkzeug auch europäischen Nutzern künftig wieder zur Verfügung stellen können", erklärte das Online-Netzwerk. Facebook wolle einen einheitlichen Ansatz finden, um alle Nutzer über das Feature zu informieren. Der Facebook-Entscheidung, bei der Gesichtserkennung "die Uhr neu zu starten" seien monatelange intensive Gespräche zum Teil bis tief in die Nacht geführt worden, sagte der Vize-Chef der irischen Behörde, Gary Davis. Aus seiner Sicht sind nun alle Probleme mit der Funktion ausgeräumt.

Kontrolle

Die irische Datenschutzbehörde ist für die Kontrolle von Facebook in Europa zuständig, weil der US-Konzern in dem Land sein europäisches Hauptquartier angesiedelt hat. Sie legte am Freitag den aktuellen, fast 200 Seiten starken Prüfbericht vor. Die Datenschützer zeigten sich weitgehend zufrieden damit, wie ihre Empfehlungen von Dezember 2011 umgesetzt wurden. Nach wie vor müsse Facebook aber unter anderem bei den Datenschutz-Informationen für bestehende Nutzer nachbessern.

Schrems kündigte an, dass seine Gruppe den Prüfbericht der irischen Behörde in den kommenden Wochen studieren und Antworten formulieren werde. "Vielleicht sind Argumente enthalten, die sinnvoll sind", sagte er. "Europa gegen Facebook" werde jedenfalls darauf bestehen, dass es eine rechtsverbindliche Entscheidung in dem Verfahren gebe. Schrems zeigte sich zuversichtlich zu den Erfolgschancen seiner Gruppe. Man habe nämlich nur Fälle angezeigt, "die zu 99,9 Prozent beweisbar sind", sagte er. (APA, 21.09.12)