Was der Erbse der Tiefkühler ist dem Mais die Dose: In ihr verpackt muss er oft ein Dasein irgendwo zwischen Fischfutter und All You Can Eat Salatbuffett fristen. Das hat er nicht verdient. Wenn der Mais im Spätsommer so richtig reif ist, muss ich mich stets beherrschen, nicht allzu viele Körner einfach so roh vom Kolben zu naschen, so herrlich süß und knackig kann er sein. Zu seiner Perfektion braucht es dann nicht mehr viel: ein wenig Butter, Obers, Cayenne und Limette.

Foto: Tobias Müller

Das wirklich simple Rezept hat meinen heurigen Sommer mitgeprägt und geht so: Für zwei Leute zwei bis drei Maiskolben schälen, die beiden Enden abschneiden und die Kolben halbieren. Aufrecht auf ein Brett stellen und mit einem Messer die Körner abschneiden. In eine Schüssel mit Wasser geben, mit den Händen durchfahren und dabei möglichst viele verbliebene Maisfäden entfernen.
Obwohl zig Mal gemacht, habe ich kein einziges Bild von fertigem Creamed Corn.
Foto: Tobias Müller


Ein ordentliches Stück Butter in einem Topf bei mittlerer Hitze schmelzen und den Mais dazu schütten. Die Schale einer Limette abreiben (das muss jetzt sein, weil sie gleich gepresst wird und dann nicht mehr abreibbar ist), den Saft über den Mais pressen, das ganze kräftig salzen und so lange kochen, bis die Flüssigkeit im Topf verdampft ist und der Mais brutzelt, etwa 15 Minuten. Nun die Limettenschale dazu mischen, nach Lust mit Cayenne schärfen und so viel Obers zugießen, dass der Mais gerade bedeckt ist. Weitere 10 Minuten köcheln lassen und servieren.

Es frittiert sich sehr gut in Nierenfett

Die Großmutter hat sich Kalbs-Nierndl gewünscht, und so hatte ich eines Abends nach getaner Arbeit einen anständigen Batzen Nierenfett im Haus. Das Zeug ist nicht sehr ansehnlich und riecht erhitzt ein wenig streng, eignet sich aber hervorragend zum Frittieren.

Nierenfett. Nicht schön, aber gut.
Foto: Tobias Müller

Nierenfett hat einen sehr hohen Rauchpunkt, kann also gut erhitzt werden, ohne zu verbrennen und ist noch dazu äußerst günstig bis gratis zu haben. Bevor es Pflanzenfett-Produzenten gelungen ist, Pflanzenfett als gesund zu verkaufen, war es das Frittierfett der Wahl des vielleicht weltgrößten Frittierers, McDonalds. Auch die Belgier, denen man eine profunde Pommes-Kompetenz nachsagt, verwenden es traditionell für ihre Fritten. Die Engländer wiederum verbacken es in ihren Pies und Puddings.

Meine Pommes sind jedenfalls darin sehr ansprechend geworden. Nierenfett hat meiner Meinung nach nicht die Grandesse seines Cousins von der Ente oder der Gans – es hat weniger Eigengeschmack, dafür unterstreicht es aber hervorragend das Erdäpfelaroma. Zudem verleiht es den Pommes eine gewisse Opulenz, der ihnen mit Pflanzenfett abgeht.

Um es benutzbar zu machen, muss man es nur in Stücke schneiden (manche Quellen empfehlen sogar, es zu faschieren), mit etwas Wasser benetzen, bei 150 Grad ein paar Stunden ins Backrohr schieben und das Ergebnis – flüssiges Fett, in denen Gewebestücke schwimmen – durch ein Sieb gießen. Flüssig hat das Fett ein kräftiges goldgelb, erkaltet wird es wieder schneeweiß.

Steinpilzcreme-Suppe mit Schafshirn ist geil

Klingt verwegen, ist aber wirklich eine geniale Mischung: Steinpilzcreme-Suppe mit (Schaf)-Hirn. Weil die Konsistenz von Cremesuppe und Hirn so ähnlich, aber doch leicht anders ist und das Pilzaroma perfekt mit dem zarten Hirngeschmack harmoniert. Verdanken tue ich diese Erkenntnis, wem sonst, dem wunderbaren Max Stiegl, Koch und Wirt des Gut Purbach. Es gibt nicht viel, was im Burgenland kreucht und fleucht, was der Mann noch nicht verkocht hätte.

Sieht für den Laien aus wie eine Ziege, ist aber tatsächlich ein Schaf. Ein Kamerunschaf. Und Max Stiegl.
Foto: Tobias Müller

An diesem Tag hat er mit uns eines seiner Schafe geschlachtet und seine Innereien am Abend verkocht. Neben dem Hirn gab‘s Kutteln, die Kalmare des Binnenlandes, die Stiegl in einer scharfen, asiatisch angehauchten Sauce serviert hat, mit einem Schuss Kürbiskern-Öl, das sich ganz hervorragend mit asiatischen Noten verträgt. Es gab rohe Schafsleber mit ebensolchen Steinpilzen und Fenchelpollen (mir etwas zu metallisch, auch wenn die Fenchelpollen der Leber guttun) und, als kleine Ausreißer aus dem Schafs-Thema, Kaninchen-Herzsalat und Gänseleber.

Beuschel, ganz frisch
Foto: Tobias Müller

Purbach wird überhaupt immer besser. Oben an den Hängen des Leithagebirges, noch hinter dem Kloster am Spitz, hat der Sino-Haus-Sommelier Robert Stark sich ein Hobby gebaut: den Heurigen Rohrwolf. Dort serviert er zumindest noch eine Woche die Kloster-Weine, einige eigenen Schöpfungen und zumindest bis vor kurzem wirklich geiles Roastbeef mit Meersalz und hauchdünnen Scheiben von rohen Steinpilzen.

Rohe Leber, rohe Steinpilze. Für alle anderen Gänge wars leider schon zu dunkel.
Foto: Tobias Müller

Das Ende des Kaviars kommt schneller als man denkt

Einer der besten Kaviare der Welt soll ja aus Salzburg kommen. Jetzt bin ich ein völliger Kaviarbanause, dafür aber im Sommer gelegentlich in Salzburg, dieses Jahr wollte ich die Gelegenheit daher ergreifen und mein Banausentum ein wenig mildern. Ich bin also zur Familie Grüll nach Grödig gepilgert, um das berühmte Zeug zu kosten.

Das Geschäft der Grülls sieht mehr nach panierter Scholle als nach Luxusprodukt aus. An den weiß gefliesten Wänden hängen dekorative Netze, Plastikfische und Poster, auf denen diverse Wasserbewohner abgebildet und benannt sind, in der Vitrine stehen Hering in Majonäse, eingelegte Shrimps und Räuchersaiblinge. Nur eine kleine Tafel in einer Ecke weist darauf hin, dass es hier auch etwas gibt, das 1400 Euro pro Kilo kostet.

Foto: Tobias Müller

Der ausgesprochen freundliche junge Mann hinter der Theke hat uns lange und geduldig allerlei Wissenswertes über die Kaviar-Ernte erzählt, dass ihr größter Stör fünf (oder waren es gar sieben? Ich habe leider nicht mitgeschrieben...) Meter groß ist, dass ihr Störgehege ein schwer bewachtes Hochsicherheitsareal an einem mehr oder weniger geheimen Ort ist (ein Giftköder über den Zaun ins Becken geworfen: Abertausende Euro Schaden), und wie die Eier heraus operiert werden, wenn der Fisch reif ist (was mit einem speziellen Ultraschall-Gerät festgestellt wird).

Foto: Tobias Müller

Nach einem längeren Plausch habe ich mich dann für die kleinste Dose für 42 Euro entschieden – und diese dann einige Wochen im Kühlschrank vergessen. Als ich wieder an sie gedacht habe, war das empfohlene Konsumationsdatum zwar nicht überschritten, der Geschmack war aber irgendwie dahin: Süßlich, leicht salzig, ein wenig Säure, eine Note Fisch, eine Idee Nuss vielleicht, im Großen und Ganzen aber vor allem fad. Wirklich schade drum.

Melanzani: Es geht auch ohne Schneiden

Ich gebe zu, es ist eine banale Erkentnis, aber ich habe tatsächlich erst heuer gemerkt, dass man Melanzani nicht zwangsläufig nur in Stücke geschnitten braten oder backen kann. Für alle anderen Spätzünder: Am Stück ins Backrohr geschoben macht sie weit weniger Arbeit und zeigt sich cremig und dank Verbrennungen extra-rauchig von ihrer besten Seite. Das Ergebnis ist zwar ein Brei, taugt aber etwa für Pasta alla Norma oder, gemischt mit Koriander, Chili, Limettensaft und Fischsauce, als ziemlich guter Salat mit Thai-Einschlag.

Melanzani-Creme: Die Melanzani mehrmals einstechen (sonst platzt sie mitunter) und entweder auf den Grill oder ins sehr heiße Backrohr legen bis sie eingefallen und außen stellenweise verkokelt ist. Herausnehmen, halbieren, ihr Inneres herauskratzen und damit machen, wozu man gerade Lust hat. (Tobias Müller, derStandard.at, 23.9.2012)