Wien - Die Vision klingt verlockend: Solarpaneele und Windräder produzieren in den Wüstengebieten Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens saubere Energie - nicht nur für die wachsende Bevölkerung in dieser Region, sondern auch für Europa, das dafür massiv in solche erneuerbare Energie-Projekte investiert. Aber wird dies tatsächlich funktionieren? Diese Frage stellt sich Anthony Patt vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in einem Projekt, für das er - wie berichtet - vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) einen mit 1,5 Mio. Euro dotierten "Starting Grant", einen Wissenschaftsförderpreis für hervorragende Jungforscher, erhält.

In dem fünfjährigen Forschungsprojekt "Social challenges of trans-Mediterranean renewable power cooperation" wollen der Politikwissenschafter und sein Team die wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen solch enormer Investitionen in erneuerbare Energien in der Region untersuchen. Bisherige Studien hätten gezeigt, dass die Idee, die Wüste für Stromgewinnung zu nutzen, wirtschaftlich gut funktionieren könnte. "Niemand redet aber über die Risiken, die damit verbunden sind", so Patt in einer Aussendung des IIASA.

Potenzielle Risiken

Zu den potenziellen Risiken zählt der aus den USA stammende Wissenschafter die Energiesicherheit, die wirtschaftliche Entwicklung und die Umwelt. So wäre etwa angesichts einer zunehmenden Abhängigkeit vom Nahen und Mittleren Osten die Energiesicherheit Europas bedroht. Auch für die energieliefernden Länder gebe es durch ein solches Projekt Risiken. Das IIASA nennt etwa eine mögliche Verschlechterung der lokalen Wirtschaft, die Ausweitung der Korruption oder dass weniger Arbeitsplätze als erwartet geschaffen würden.

"Es gibt eine Menge Belege dafür, dass sich Länder, die reich an natürlichen Ressourcen sind, schlechter entwickeln als solche, die weniger natürliche Ressourcen haben", so Patt. Zudem hätten auch erneuerbare Energiequellen Auswirkungen auf die Umwelt - Windräder und Solarpaneele könnten das empfindliche Ökosystem der Wüste stören. Der Wissenschafter will aber nicht nur die Risiken erforschen, sondern auch nach Lösungen suchen, wie diese gemindert werden könnten. (APA, 15.9.2012)