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Pflanzen haben wohl eine schlaueren Schutzmechanismus gegen springende Gene gefunden als Menschen und Tiere.

Foto: APA/dpa/Patrick Pleul

Wien - Ob bei Menschen, Tieren oder Pflanzen, sogar auf dem Erbgut gibt es Parasiten: sogenannte springende Gene. Sie können das Erbgut verändern und zerstören, wenn sie nicht ruhiggestellt werden. Pflanzen-Keimlinge werden dafür von einem aufopfernden Zwilling geschützt, der die springenden Gene bei sich loslässt, um damit dem Keimling quasi eine Schutzimpfung zu geben, fand ein internationales Team heraus, das Hisashi Tamaru vom Gregor Mendel Institut (GMI) für molekulare Pflanzenbiologie der Akademie der Wissenschaften gemeinsam mit US-Kollegen leitete. Die Studie wurde in der aktuellen Ausgabe von "Science" veröffentlicht.

Löchriger Schutz

Springende Gene, auch Transposons genannt, können ruhiggestellt werden, indem sie chemisch verändert werden. Dazu wird eine Methyl-Gruppe an bestimmte Stellen der DNA gehängt, eine Methode, mit der auch normale Gene abgeschaltet werden. Weil dieser Rundum-Schutz nicht bei jeder Zellteilung immer hundertprozentig funktioniert, muss er regelmäßig erneuert werden. Sonst würden sich die undichten Stellen häufen und die springenden Gene aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen.

Zwilling trägt das Risiko

Es ist für die Zellen etwas riskant, den Schutz aufzufrischen, denn dazu müssen sie die springenden Gene ablesen und in RNA abschreiben, wobei diese aktiv werden könnten und damit das Erbgut gefährden, erklärte Tamaru. Dieses Risiko nimmt eine Art Zwilling für den Keimling in Kauf. Bei Blütenpflanzen wird nicht nur die Eizelle von einer Spermazelle befruchtet und daraus ein Keimling. Auch eine weitere weibliche Zelle, die sogenannte Zentralzelle, verschmilzt mit einer zweiten Spermazelle. Daraus entsteht Nährgewebe für den Keimling, das sogenannte Endosperm.

Gefahrlose Ruhigstellung

Die Forscher fanden heraus, dass in den Zellen, die zum Nährgewebe werden, die springenden Gene weniger Methyl-Gruppen tragen. Dafür sorgt ein Eiweißstoff namens "Demeter", der nach der griechischen Fruchtbarkeitsgöttin benannt wurde. So können die springenden Gene abgelesen werden und die abgeschriebene RNA wird offensichtlich von der Nährzelle an den Keimling gespendet, erklärte Tamaru. Der Keimling könne sie benutzen, um die Transposons an der richtigen Stelle mit Methyl-Gruppen zu versehen und sie somit gefahrlos ruhigstellen. "Die Nährzellen riskieren ihr Leben, um Eizelle und Spermazelle davor zu bewahren, springenden Genen ausgeliefert zu sein", sagte Tamaru.

Schlauer Pflanzenmechanismus

Mit diesem Mechanismus können die springenden Gene über viele Generationen ruhiggestellt werden, meint er. Leidet dabei das Erbgut der Nährzellen, sei das nicht weiter schlimm, denn die Schäden werden nicht an die nächste Generation weitergegeben. Das Nährgewebe versorgt bloß den Keimling, bis er selbst dazu in der Lage ist, dann stirbt es ab.

Pflanzen haben damit wohl eine schlauere Lösung gefunden als Menschen und Tiere, so Tamaru. Er sei neugierig, wie sich hier Samen- und Eizelle mit den springenden Genen arrangiert haben. Sie haben keinen aufopfernden Zwilling und müssen wohl selbst die schlafenden Hunde wecken, auch wenn sie dabei den einen oder anderen Biss riskieren. (APA, 14.9.2012)