Screenshot der Website von Richard Tisei.

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Richard Tisei will Massachusetts im Repräsentantenhaus vertreten. Tisei ist 50 Jahre alt, seit 26 Jahren Politiker, Republikaner. Und: Tisei ist schwul. Sollte er am 6. November gewinnen, wäre er der erste offen homosexuelle Republikaner im Repräsentantenhaus. An diesem Tag wählen die Amerikaner nicht ihren Präsidenten, sondern auch 33 Mandate im US-Senat und alle Sitze im Repräsentantenhauses werden neu verteilt. Doch nicht nur seine sexuelle Orientierung würde Tisei von seinen Parteikollegen in Washington unterscheiden. 

Offen gegen die Parteilinie

Tisei, dessen Großvater aus Italien eingewandert ist, setzt sich für die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren ein, will das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch nicht antasten und widerspricht damit gleich in zwei zentralen Punkten der derzeitigen Linie der Republikanischen Partei. Deren Präsidentschaftskandidat Mitt Romney will auch einen zivilrechtlichen Pakt zwischen Menschen gleichen Geschlechts verhindern und in das am Parteitag verabschiedete neue Parteiprogramm der Republikaner fordert ein totales Abtreibungsverbot, das selbst bei Vergewaltigungen keine Ausnahme zulässt. 

Gute Chancen gegen Demokraten

Massachusetts ist normalerweise bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus eine sichere Bank für die Demokraten. Alle der insgesamt neun aktuellen Abgeordneten aus dem nordöstlichen Bundesstaat sind Demokraten. Der direkte Gegner von Tisei, der Demokrat John Tierney, hat diesmal aber schlechte Karten. Seine Frau ist gemeinsam mit ihren Brüdern in einen Spielskandal verwickelt. Tierney behauptet davon nichts gewusst zu haben. Die Wähler wollen ihm das nicht so recht glauben.

Gute Chancen also für den Republikaner Tisei, der eine mittlerweile rar gewordenen Strömung in der Republikanischen Partei vertritt: die Moderaten. Er war Minderheitenführer im Senat von Massachusetts und sagt über diese Zeit: "Während Mitt Romney hier war, habe ich bei der Hälfte der Abstimmungen mit ihm und bei der anderen Hälfte gegen ihn gestimmt." Er habe gelernt, über Parteigrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. 

Politischer Spagat

Tisei versucht den Spagat zwischen einer moderaten politischen Haltung und dem Versuch auch die Unterstützung der von politischen Hardlinern dominierten Republikanischen Partei nicht zu verlieren. Derzeit scheint seine Strategie erfolgreich zu sein. Die Republikaner zählen Tisei zu den „Young Guns", den jungen Talenten in der Partei. Sein Wahlkampf wurde bisher mit 660.000 US-Dollar aus dem YG Action Fund, einem republikanischen Super PAC, unterstützt. Moderate Republikaner haben Tradition in den nordöstlichen Bundesstaaten der USA. Derzeit werden sie allerdings von den ultrakonservativen Kräften, wie der Tea Party an dem Rand gedrängt.

Die Kandidatur Tiseis findet Unterstützer in den Reihen der moderaten Republikaner. Der ehemalige republikanische Senator von Connecticut Lowell P. Weicker Jr. sagte gegenüber dem Boston Globe: "Wenn nicht diese Art von Republikanern Erfolg hat, stehen wir vor dem Ende der Republikanischen Partei. Punkt." (mka, derStandard.at, 12.9.2012)