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Wenn "es" für Konsumenten zu gefährlich wird, soll die Aufsicht einschreiten können.

Foto: AP/Hildenbrand

Wien - Die nationalen Aufseher sollen ab 2015 hochspekulative, für Normalverbraucher intransparente oder durch Blasenbildung sonstwie gefährliche Finanzprodukte verbieten können. "Bei Gefahr für den Retailkunden werden die Aufseher in bestimmten Zeiten bestimmte Produkte verbannen können", kündigte der Chef der Finanzmarktaufsicht (FMA), Helmut Ettl, am Dienstag vor Journalisten an. "Mit den neuen Regen hätten wir sicher die Fremdwährungskredite mit Tilgungsträgern weit früher bekämpfen können."

Eingreifen würde die Aufsicht dann, wenn sich in ihrem Zuständigkeitsgebiet bestimmte Finanzprodukte oder Finanzpraktiken als systemisch kritisch herausstellen oder für eine bestimmte Konsumentengruppe - in der Regel Endverbraucher - nicht mehr nachvollziehbar sind. Oder wenn sich die Märkte für bestimmte Produktkategorien eben in eine gefährliche Richtung bewegen.

Bisher können die europäischen Aufseher nur in einer Art Krisenintervention zeitlich befristete Verbote verhängen. Nun will man einen Schritt weiter gehen, nationale Aufseher sollen in Abstimmung mit den europäischen Behörden dauerhafte "Bannrechte" bekommen - was freilich Eingriffe in nationale Gesetze bedeutet.

Am direkten Weg

In Österreich hat die FMA wegen der hierzulande bedenklich umfangreich gewordenen Vergabe von Krediten in Fremdwährung "die Keule der de-facto-Untersagung" hervorgeholt. Im Herbst 2008 sprach sie wegen der damaligen mangelnden Liquidität in fremder Währung ein de-facto-Fremdwährungskreditvergabeverbot aus, in der Folge wurde die Neuvergabe an sehr strikte Kriterien beknüpft, und die Banken wurden anhalten, die aushaftenden Volumina zu reduzieren. Diese Untersagung von Krediten in Franken & Co an Kleinkunden wurde allerdings bloß auf indirektem Weg an die Fit- und Proper-Verantwortung der Geschäftsleiter geknüpft. In Zukunft, also voraussichtlich ab 2015, wäre ein solches Vertriebsverbot auf direktem Weg machbar, per Verwaltungsakt und entsprechend direkt sanktionierbar.

Auf Europaebene müssen diese nationalen Verbote eng koordiniert werden, schon um einen "Tourismus" zu verhindern, wenn ein bestimmtes Finanzprodukt in Österreich verboten, in Nachbarländern dagegen erlaubt wäre. "Wir haben bisher überhaupt kein Produktverbot, was jetzt kommt ist neu", sagte Ettl bei einer Veranstaltung in Wien. Es handle sich um einen Bruch in der bisherigen gesamten Regulierungsphilosophie in Europa.

Früher einschreiten

Ist wegen krisenhafter Entwicklungen an den Märkten Gefahr in Verzug oder drohen Marktverwerfungen, will die Behörde früher einschreiten. "Bubbles haben immer die Tendenz zu platzen", sagte Ettl. In jedem Fall wären Verbote von Fall zu Fall zu prüfen. Schon aus Haftungsgründen dürften dies keine diskretionären Entscheidungen einzelner Aufseher sein. "Man muss als Behörde objektive Kriterien entwickeln". Das sei sicherlich sehr kompliziert, meinte Ettl mit Blick auf ethische Diskussionen rund um Getreidezertifikate für Kleinanleger.

Auch die Informationspflichten werden in Europa verschärft. Da geht es beispielsweise um die verpflichtenden "Beipackzettel" (KIID, Key Investor Information Document), die zusätzlich zu den Prospekten über die wesentlichen Risiken, Gebühren und Ertragsprofile Auskunft geben müssen. Das soll künftig auf alle komplexeren und strukturierten Finanzprodukte gelten, also für Zertifikate oder Lebensversicherungsmodelle. Verpflichtend ist dies in Österreich schon bisher bei Fonds. (APA, 11.9.2012)