Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP/Ronald Zak

Wien - Beim zweiten Bawag-Strafprozess geht das Tauziehen um das Erscheinen des angeklagten Ex-Bawag-Generaldirektors Helmut Elsner zwischen Richter Christian Böhm und Elsners Anwälten weiter. Der gerichtlich bestellte medizinische Sachverständige, der Kardiologe Günter Steurer, hält Elsner nach wie vor für verhandlungsfähig. Elsner weise eine chronische Erkrankung auf, sein Gesundheitszustand sei aber aufgrund der Behandlung stabil, erklärte der Mediziner am Montag am Straflandesgericht Wien. Die neuen Befunde würden keine neuen Aspekte über den Gesundheitszustand beinhalten.

Dass sich der Tonfall zwischen Richter Böhm und Elsners Verteidigung Elsner verschärft hat, war am Montag gegen Ende der kurzen Verhandlung zu beobachten. Elsner-Anwalt Andreas Stranzinger wollte sich zu der vom Gericht "kreierten" Rufbereitschaft für die Verteidigung Elsners zunächst nicht bereiterklären. Erst als Böhm ihn daran erinnerte, dass sich die Verteidigung Elsners eigentlich während der ausgeschriebenen Verhandlungszeit im Großen Schwurgerichtssaal am Straflandesgericht aufzuhalten hätte und die Rufbereitschaft ein Entgegenkommen des Gerichts sei, stimmte Stranzinger verärgert und zähneknirschend dem richterlichen Vorgehen zu.

Elsner auf Kur in Deutschland

Elsner befindet sich laut seinen Anwälten auf Kur und Behandlung im deutschen Bad Reichenhall. Damit hat die österreichische Justiz keinen direkten Zugriff auf den Angeklagten und kann sich nur über Rechtshilfeansuchen an die deutsche Justiz wenden. Ein deutsches Amtsgericht hatte Elsner am Freitag nach Vorlage eines Privatgutachtens für "derzeit unwiderlegbar verhandlungsunfähig" erklärt und einen Zeugenbefragungstermin wieder abgesagt.

Auch am Montag war Elsner trotz Ladung wieder nicht vor dem Wiener Gericht erschienen. Bisher ist er trotz mehrerer Ladungen nicht zum Prozess gekommen.

Keine Untersuchung durch Sachverständigen

Steurer hat in einem am Sonntag erstellten Gutachten die Verhandlungsfähigkeit Elsner aufgrund der von der Verteidigung des Angeklagten vorgelegten Befunde beurteilt. Dabei habe er auch die geplante neuerliche Lungenpunktation Elsners berücksichtigt, sagte Steurer auf Nachfragen von Elsner-Anwalt Stranzinger. Dass er Elsner im Juni für zwei Monate für verhandlungsunfähig erklärt hatte, erläuterte Steurer damit, dass es einen Tuberkulose-Verdacht bei dem Angeklagten gegeben habe. Dieser habe sich aber nicht erhärtet, so dass auch die eingeleitete Therapie nach sechs Wochen abgesetzt wurde.

Befragt nach der letzten Untersuchung des Angeklagten durch Steurer selbst erklärte der medizinische Sachverständige, dass sich Elsner von ihm nicht untersuchen ließ. Elsner sei auch den Ladungen in die Ordination des Kardiologen nicht nachgekommen. Ein genaues Datum blieb Steurer dem Verteidiger aber schuldig.

Die Weigerung Elsners, sich von Steurer untersuchen zu lassen, begründete sein Anwalt mit dem Misstrauen, das sein Mandant dem Sachverständigen entgegenbringe. Unter anderem wurden deshalb auch Befangenheitsanträge und Anzeigen bei der Ärztekammer gegen Steurer eingebracht. Diese blieben aber nach Klarstellung von Richter Böhm bisher fruchtlos. (APA, 10.9.2012)