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Die aktuelle Auswertung des Arbeitsklimas in Österreich mit dem Schwerpunkt Frauen zeigt, dass sich 42 Prozent der Arbeitnehmerinnen beim Einkommen "gelegentlich" bis "sehr häufig" als benachteiligt einschätzt. Fast ein Drittel hat Diskriminierung oder Belästigung im Arbeitsumfeld erlebt. Die subjektive Einschätzung der arbeitenden Frauen spiegelt sich in den Gehaltsstatistiken der Statistik Austria  und anderen Instituten wieder. "Es muss endlich Schluss damit sein, dass Frauen am Arbeitsmarkt so sehr benachteiligt werden. Jahr für Jahr haben wir die gleichen Zahlen. Die Frauen haben die Nase voll davon", so die Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) bei der Präsentation des Arbeitsklima-Index am Freitag in Wien.

Im Arbeitsklima-Index werden beide Geschlechter nach (Un-)Zufriedenheiten abgefragt: Insgesamt variiert die Einkommenszufriedenheit stark nach Branchen. Im Geld- und Versicherungssektor sind 80 Prozent aller ArbeitnehmerInnen mit ihrem Entgelt zufrieden, in der Eisen-, Metall-, Elektro-Branche nur mehr 67, im Handel 56 und lediglich 49 Prozent aller Arbeitenden im Bauwesen sind mit ihrem Einkommen zufrieden.

Handel: Exemplarische Diskrepanz

Exemplarische Diskrepanzen in der Beschäftigungsstruktur zwischen den Geschlechtern zeigen sich im Handel. Daniel Schönherr, Sozialforscher bei Sora, und Imma Palme, Sozialforscherin bei Ifes, veranschaulichten im Rahmen der Ergebnispräsentation mit der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK) die Beschäftigungsstrukturen: Von den insgesamt 600.000 MitarbeiterInnen im Handel sind 70 Prozent Frauen, lediglich sieben Prozent von ihnen jedoch in Führungspositionen. Auffallend für Schönherr ist die wachsende Zahl der Teilzeit-Stellen. Ein weiterer Befund von Sora: Die Teilzeitquote steigt bei Frauen mit zunehmender Zahl der Kinder, hingegen sinkt sie bei Männern.

"Man kann nur Vollzeit arbeiten, wenn die Kinderbetreuung da ist, wenn die Arbeitnehmerin sie braucht", so Imma Palme von Ifes. Vor allem Alleinerzieherinnen stehen neben dem Geld- auch vor dem Betreuungsproblem. Für die Frauenministerin eine Bestätigung, dass sie an den richtigen Themen ansetze: "Die Vereinbarkeitsfrage ist eine von Frauen und Männern. Frauen haben das Recht auf Kinderbetreuung und Kinder auf Bildung ab dem ersten Lebensjahr". Von den 5,4 Milliarden Euro, die jährlich vom Bund für Familien bereitgestellt werden, sollen künftig mehr in Sachleistungen fließen, so der Plan der Sozialdemokratin. Derzeit laufen darüber Verhandlungen mit dem Familienministerium.

"Nicht nur Reden, sondern Taten erkennen"

Johann Kalliauer, Präsident der AK-Oberösterreich, versteht die Unzufriedenheit als Auftrag der AK, verweist jedoch darauf, dass ohne die Hilfe der Betriebe nicht viel passieren werde. "Wenn Betriebe Frauenförderung groß schreiben, sollte das nicht nur bei Reden sondern auch bei Taten erkennbar werden", meint Kalliauer. Immerhin gebe es für nur elf Prozent der weiblichen Beschäftigten, die einen männlichen Vorgesetzten haben, ein Angebot oder Regelungen für die Kinderbetreuung (für 18 Prozent mit einer weiblichen Vorgesetzten). Heinisch-Hosek will den Papa-Monat in der Privatwirtschaft noch in dieser Legislaturperiode umsetzen und wünscht sich "mehr Windel wechselnde Papas und besser bezahlte Mamas".

Geringe Wertschätzung belastet

Weiter sieht sich rund ein Drittel der arbeitenden Frauen bei Beförderungen übergangen, 27 Prozent bei der Jobvergabe nach einer Bewerbung und 26 Prozent bei der Übertragung von Verantwortung in der Arbeit. Fast ein Viertel der Frauen sind der Meinung, dass ihre Arbeit zu wenig geschätzt wird. Generell herrsche eine hohe Unzufriedenheit: 70 Prozent der Frauen im Handel sagen, sie kommen mit ihrem Einkommen nicht aus und haben Angst vor den Auswirkungen auf ihre Pension. "Die geringe Wertschätzung ist ein Teil der Belastung im Handel", resümiert der Sozialwissenschaftler.

Subjektives Empfinden anerkennen

"Es sind subjektive Faktoren, aber wenn eine Frau Benachteiligung empfindet, dann ist das auch als solches wahrzunehmen und anzuerkennen", so Palme. Immerhin erleben 25 Prozent der Frauen abfällige Äußerungen gegenüber Frauen am Arbeitsplatz, acht Prozent erleben körperliche und sexuelle Übergriffe, weitere sechs Prozent fühlen sich durch das Aufhängen von weiblichen Nacktbildern belästigt. (eks, dieStandard.at, 7.9.2012)