Ronald Waibel will wegen Rom nicht mehr Priester sein.

Foto: STANDARD/Grass

Dornbirn - Zu Pfingsten fasste Pfarrer Ronald Waibel den Entschluss, vergangenen Sonntag teilte er ihn seiner Pfarrgemeinde mit: Er will nicht mehr Priester sein. Nach 27 Jahren im Priesterberuf verabschiedete sich Waibel von der Pfarre Haselstauden im sonntäglichen Gottesdienst. Als Rücktrittsgrund nannte er die römische Amtskirche und ihre Vorschriften. Waibel will nun eine Ausbildung als Alten- und Krankenpfleger machen. Im Interview mit Jutta Berger erläutert er seine persönlichen und politischen Beweggründe.

STANDARD: Sie werden als Held gefeiert und als Verräter beschimpft. Wie sehen Sie sich selbst?

Waibel: Weder als Verräter noch als Held, sondern als jemand, der die Konsequenz aus einer langjährigen Geschichte der Schwierigkeiten mit der römischen Amtskirche gezogen hat. Die Entscheidung hat nichts mit unserer katholischen Kirche, schon gar nichts mit der Pfarre oder der Diözese zu tun, sondern einzig mit der römischen Amtskirche. Die katholische Kirche ist mir wichtig und wertvoll, aber Repräsentant der römischen Amtskirche will ich nicht mehr sein. Was Rom macht, entspricht nach meiner Auffassung in vielen Bereichen nicht mehr der Botschaft Jesu.

STANDARD: Sie haben es 27 Jahre als Priester ausgehalten, warum gehen Sie gerade jetzt?

Waibel: Ganz entscheidend war, dass der Papst das Gespräch mit der Pfarrerinitiative verweigert. Und das noch mit der Begründung, man müsse ihre Anliegen auf ortskirchlicher Ebene behandeln. Aber wesentliche Punkte der Initiative, die Änderung der Zulassungsbedingungen zum Weiheamt oder die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene, können nur in Rom entschieden werden. Die Frage, halte ich es in dieser römisch diktierten Kirche noch aus, stelle ich mir seit Jahren. Der Druck wurde gesundheitlich immer stärker spürbar.

STANDARD: Dann sind Sie aus psychohygienischen Gründen zurückgetreten, nicht aus Protest?

Waibel: Es ist eine ganz persönliche Entscheidung, die nichts mit Protest, aber viel mit Konsequenz zu tun hat. Ehrlichkeit mir und den anderen gegenüber ist für mich sehr wichtig.

STANDARD: Welche römischen Vorschriften haben Sie behindert?

Waibel: Die Verbote der Kommunion für geschiedene Wiederverheiratete, der Predigt von Laien im Gottesdienst. Die Liturgieinstruktion 2004, Sacrosanctum Concilium, in der die Gläubigen aufgerufen werden, alle Verstöße gegen Vorschriften aus Rom dem Papst oder Bischof zu melden. Das ist ein Misstrauensbeweis gegen die Priester. Oder dass man das Hochgebet nicht durch eigene Formulierungen verändern darf.

STANDARD: Was halten Sie von der Abschaffung des Zölibats und der Einführung des Frauenpriestertums?

Waibel: Ich bin für den Zölibat, aber gegen den Pflichtzölibat. Als ersten Schritt sollte Rom verheirateten Männern das Weiheamt ermöglichen, verheiratete Priester wieder integrieren. Priesterinnen? Das wird noch dauern. Da braucht es noch viel Heiligen Geist, der ist aber noch nicht vorhanden.

STANDARD: Vorarlberg hat seit November 2011 keinen Bischof mehr, er scheint auch keinem zu fehlen.

Waibel: Ja, viele fragen sich, wozu wir eigentlich einen Bischof brauchen, wenn es ohne Bischof auch gut geht. Ich bin überzeugt, dass das Bischofsamt wichtig ist. Dass unsere Diözese nach zehn Monaten noch keinen Bischof hat, ist für mich genauso eine Herabwürdigung des Amtes wie die Geheimnistuerei rund um die Bestellung. Wenn das Amt wichtig ist, müsste die Kirchenleitung in der Lage sein, einen Bischof innerhalb kürzerer Zeit zu bestellen.

STANDARD: Die beiden letzten Bischöfe, Küng und Fischer, waren sehr konservativ. Wie stark ist der Einfluss der Rechtskatholiken?

Waibel: Ich befürchte, dass er auf kirchenpolitischer Ebene sehr stark ist und wieder ein konservativer Bischof kommt. Wir bräuchten aber einen Bischof, der nicht polarisiert, der verbindet, kommunikativ ist, auf die Leute zugeht und Mitarbeitern vertraut. (Jutta Berger, DER STANDARD, 7.9.2012)