Bild nicht mehr verfügbar.

60 Beamte suchten in der Nacht die Umgebung des Tatorts nach Hinweisen ab.

Foto: EPA/NORBERT FALCO/LE DAUPHINE

Paris/Annecy - Mysteriöses Gewaltverbrechen auf einem Waldparkplatz: Vier Menschen sind in den französischen Alpen erschossen worden - zwei Mädchen überlebten die Tat. Eine Vierjährige wurde erst nach knapp acht Stunden unverletzt im hinteren Teil eines Autos unter den Beinen seiner toten Mutter entdeckt, wie die Staatsanwaltschaft berichtete. Seine etwa siebenjährige Schwester war bereits am Mittwochnachmittag schwer verletzt neben den vier Leichen an einem Waldweg in der Nähe des Sees von Annecy entdeckt worden. Sie wurde nach Grenoble gebracht und notoperiert. Bei den vier Toten handelt es sich vermutlich um Vater, Mutter und Oma der Kinder sowie einen Radfahrer.

Der Hintergrund der Tat blieb zunächst unklar. "Wir wissen nicht, warum die Menschen sterben mussten", sagte Staatsanwalt Eric Maillaud am Donnerstagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Annecy. Auch die Identität von drei der vier Opfer sei noch nicht eindeutig geklärt. Nach ersten Ermittlungen handle es sich jedoch um die Mitglieder einer Familie, die in Großbritannien lebte. Staatsanwalt Maillaud wollte dies am Donnerstag aber nicht bestätigen.

Zahlreiche Patronenhülsen gefunden

Bei der älteren Frau wurde ein schwedischer Pass gefunden. Die Ermittler fanden zudem einen irakischen Pass, welcher der jüngeren Frau gehören könnte. Zumindest der Vater soll aus dem Irak stammen. Das vierte Opfer war ein Radfahrer aus der Region. Alle wiesen Schussverletzungen auf. Am Tatort wurden zahlreiche Patronenhülsen gefunden, die von einer automatischen Pistole stammen. Ein anderer Radfahrer hatte das Verbrechen entdeckt.

Die Staatsanwaltschaft hielt einen kriminellen Hintergrund für wahrscheinlich, schloss aber auch ein Familiendrama nicht aus. Den Angaben zufolge wurden drei der Opfer durch Kopfschüsse getötet. Es sei mit mindestens einer Automatikpistole "sehr, sehr oft" geschossen worden. Staatsanwalt Maillaud sprach von einem Verbrechen von "extremer Brutalität".

Lärm und Schreie gehört

Das gegen Mitternacht entdeckte vierjährige Mädchen, das sich stundenlang nicht bemerkbar gemacht hatte, wurde erst entdeckt, als Experten für Spurensicherung aus Paris eingetroffen waren. Es konnte zunächst nicht zur Aufklärung beitragen. Es habe Lärm und Schreie gehört, könne aber nicht mehr sagen, berichtete Staatsanwalt Maillaud. Auch wenn sich der Zustand der Siebenjährigen nach der OP stabilisierte, wird sie voraussichtlich erst in den nächsten Tagen vernehmungsfähig sein. Die beiden Mädchen stehen nach Angaben des Staatsanwalts unter Polizeischutz.

Bei dem erschossenen Radfahrer handelt es sich um einen jungen Familienvater. Entdeckt wurden die Mordopfer von einem weiteren Fahrradfahrer, der offenbar kurz nach den Schüssen den Tatort erreichte. Der Mann, ein früherer Angehöriger der britischen Royal Air Force, verständigte die Polizei und brachte das schwer verletzte Mädchen in die stabile Seitenlage. Staatsanwalt Maillaud lobte die "außergewöhnlichen Reflexe" des Mannes. (APA, 6.9.2012)