Der Sommer geht, das Glühbirnenverbot kommt. Es schlägt die Stunde der Lampenspitzel: Aufzeichnungen eines Eco-Design-Richtlinien-Dissidenten von einer unfreiwilligen Einführung in den Zusammenhang von Klimaschutz und Ordnungspolitik.

 

Zwei Beauftragte des Bundesamtes für Leuchtmittelkontrolle an meiner Tür:

"Guten Tag, Herr Dietz. Mein Name ist Bernd Birnenbrecher." - "Und ich bin Uwe Unterlicht. Wir sind hier, um Ihre Wohnungsbeleuchtung zu überprüfen." - "Ja. Gemäß der Eco-Design-Richtlinie 2005/32/EG der Europäischen Union und dem Bundesgesetz über die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte muss unsere Behörde sicherstellen, dass sich in den heimischen Haushalten keine herkömmlichen Glühbirnen mehr befinden."

"Äh ... Guten Tag. Ich habe keine Glühbirnen mehr. Alle ausgetauscht. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag." (Will Tür schließen)

"Herr Dietz, warten Sie! Sie wissen natürlich, dass wir uns davon überzeugen müssen. Wir würden gerne Ihre Lampen überprüfen."

"Aber Herr Unterlicht, meine Privatsphäre ist grundgesetzlich geschützt! Wegen ein paar Lampen haben Sie doch nicht das Recht ..."

"Herr Dietz. Verstehen Sie das doch, wir müssen sicher sein, dass kein Bürger mehr Glühbirnen verwendet. Wo kommen wir denn hin, wenn jeder, wie ihm beliebt, Strom verbraucht?! Wir kommen jetzt rein!"

"... aber ... he ... warten Sie doch!" (Gedrängel)

(Im Wohnzimmer)

"Sehr schön, Herr Dietz. Energiesparlampen in der Deckenbeleuchtung. In der Stehlampe. Sehr gut. Herr Birnenbrecher, Sie protokollieren doch alles, ja?"

"Na bitte, ich sagte es Ihnen doch. Keine Glühbirnen mehr."

"Herr Dietz. Was Sie sagen, ist irrelevant. Wir sind schon in vielen Wohnungen gewesen und mussten feststellen, dass die Leute machen, was sie wollen. Und sie lügen. Sie belügen den Staat. Verstehen Sie, was das bedeutet? Den Staat belügt man nicht."

(In der Küche)

"Sehr gut, Herr Dietz. Sie halten sich an das Gesetz."

(Im Schlafzimmer)

"Sehr gut. Sehr gut. Vorbildlich!"

(Zurück im Flur)

"Was ist das dort für eine Tür, Herr Dietz?"

"Die Abstellkammer. Besen. Staubsauger. Werkzeug und Krimskrams."

"Schauen wir mal rein. ... Oh. Ist das hell. Wollen Sie mich blenden? Herr Dietz, das ist eine Osram-Glühlampe mit 60 Watt. Sie haben hier ein verbotenes Leuchtmittel! Denken Sie doch an den Klimawandel!"

"Die hab ich wohl vergessen, Herr Birnenbrecher, es tut mir wirklich leid ..."

"Herr Dietz, es tut uns leid! Wir werden diese Glühbirne konfiszieren. Und Sie erwartet ein ordentliches Bußgeld." (Holt ein Formular hervor und beginnt zu schreiben)

(Der Überführte nach kurzer Überlegung)

"Ich werde das Bußgeld nicht bezahlen."

"Herr Dietz, Sie wollen sich doch nicht der europäischen Idee widersetzen? Und dem ökologischen Bewusstsein?"

"Doch, das werde ich! Das werde ich jetzt. Mir reicht es. Ich habe ein Recht auf richtiges Licht! Sofort, und nicht erst nach drei Minuten. Und ich werde überall wieder Glühbirnen einsetzen!"

"Herr Dietz, Sie widersetzen sich der Staatsgewalt. Wir werden die Polizei rufen müssen."

"Dazu werden Sie nicht mehr kommen." (Greift zum Hammer in der Abstellkammer)

Drei Uhr morgens. Aufwachen. Schweiß. Puls.

Lichtschalter. Blick auf die Deckenlampe: Glühbirne!

Entspannung. (Andreas Dietz, DER STANDARD, 3.9.2012)