Wien - Die Einigung der Regierungsparteien auf eine Volksbefragung zur Wehrpflicht ist für den Politikwissenschafter Peter Filzmaier ein wichtiger Schritt. Die Stimmungslage pro direkte Demokratie sei eindeutig, SPÖ und ÖVP hätten nun das Gesetz des Handelns wieder in die Hand genommen, sagte er am Dienstag. Hinzu komme, dass beide Parteien beim Thema Bundesheer ihre eigene Klientel bedienen könnten.

"Die klar mehrheitliche Stimmungslage ist: Zu wenig direkte Demokratie, es soll mehr geben. Und das wissen auch die Regierungsparteien", so Filzmaier, der den Schritt in Richtung Volksentscheid als "objektiv wichtig" bewertet. Zudem dürfe man auch die historische Entwicklung nicht außer Acht lassen. Nach der Zeit des Nazi-Regimes sei man aus Angst mit direkter Demokratie sehr sparsam umgegangen, was sich längst geändert habe. Und auch die starke Parteienverdrossenheit sei wohl ein Entscheidungsfaktor gewesen.

Filzmaier erwartet keine hohe Beteiligung

Filzmaier sieht nun für beide Koalitionspartner die Chance, ihren jeweiligen Standpunkt vor einer Volksbefragung zu vertreten und auch zu verkaufen. Hatte die Wiener SPÖ vor der Landtagswahl mit ihrem Vorstoß für ein Berufsheer noch versucht, junge Männer für sich zu gewinnen, könnte nun auch der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) ältere Wähler ansprechen. "Das Thema Wehrpflicht ist auch mit der genauen Gegenposition interessant", so der Politikwissenschafter, der auch das Thema Neutralität anspricht.

Was die Beteiligung betrifft solle man sich allerdings "keine Illusionen machen", so Filzmaier. Denn selbst in Ländern mit ausgereifter direkter Demokratie wie der der Schweiz liege die durchschnittliche Anteilnahme bei unter 50 Prozent. "Darum geht es auch nicht", findet aber der Experte. "Es geht darum, diese Option anzubieten." (APA, 28.8.2012)