Wien - Im neuen Schuljahr bekommen Österreichs Lehrer ungewöhnliche Unterstützung: 25 herausragende Absolventen von Fächern wie Quantenphysik, Molekularbiologie oder Afrikanistik sollen im Rahmen der Initiative "Teach for Austria" zwei Jahre lang ihr Wissen und vor allem ihre Begeisterung für Fächer wie Mathematik, Englisch oder Physik an die Schüler weitergeben. Ziel ist, dass sie dabei vor allem unterprivilegierte Schüler fördern - und sich dabei selbst zu "erfolgreichen Führungskräften in und außerhalb der Schule" entwickeln, beschreibt "Teach for Austria"-Geschäftsführer Walter Emberger.

Im ersten Jahr startet das Projekt an Hauptschulen, Neuen Mittelschulen und Polytechnischen Schulen in Wien und Salzburg, im kommenden Schuljahr soll es auf ein weiteres Bundesland ausgeweitet werden. Die Fellows werden an den Schulen nicht als "Beiwagerl" anderer Lehrer eingesetzt, sondern unterrichten Schüler ganz eigenständig oder im Rahmen von Teamteaching, das an der Neuen Mittelschule in Deutsch, Mathematik und Englisch weit verbreitet ist, gemeinsam mit einem zweiten Pädagogen. "Das sind Leute, die Verantwortung übernehmen wollen", begründet Emberger das Modell.

Schulung in Fachdidaktik

Ein Lehramtsstudium haben die 25 Akademiker, die sich durch ihre spezielle fachliche und persönliche Eignung unter 470 Bewerbern durchsetzen konnten, nicht absolviert. Allerdings unterrichten sie Fächer, die oftmals nahe an dem Bereich sind, mit dem sie sich an der Uni beschäftigt haben. "Dort sind sie am wirksamsten", meint Emberger. So unterrichtet ein Mikrobiologe Biologie, Physik, Chemie und Mathematik. Viele der "Fellows" waren auch mehr als ein Jahr lang im Ausland und haben entsprechend gute Englischkenntnisse.

Für ihre neue Aufgabe wurden die Neo-Lehrer zunächst in einer sechswöchigen Sommerakademie etwa im Bereich Fachdidaktik geschult, während des Schuljahrs folgen weitere Fortbildungen. Im Durchschnitt sind die "Fellows" 28 Jahre alt, die meisten sind bereits voll im Berufsleben gestanden: So ist unter den Lehrern auf Zeit ein ehemaliger Unternehmensberater, eine frühere Mitarbeiterin der Nationalbibliothek und ein ehemaliges Mitglied des Kabinetts von Bundespräsident Heinz Fischer. "Die Leute wollen etwas für die Gesellschaft tun", erklärt Emberger ihre Motivation. Bezahlt werden sie per Sondervertrag mit einem Lehrereinstiegsgehalt. "Wegen des Geldes macht das keiner", betont Emberger.

Fellows sollen Begeisterung wecken

Aus Embergers Sicht sind die Lehrer auf Zeit ein wahrer "Schatz" für das Bildungssystem: Die Kinder bekommen einen engagierten Lehrer, der ihre Begeisterung für das Fach wecken soll. Die 25 "Fellows" machen unterdessen zwar "zwei harte Jahre" durch, würden aber durch die Motivation der Kinder und die Umsetzung konkreter Ziele Führungskompetenzen erwerben. "Ich wundere mich, dass die Wirtschaft das nicht viel stärker anerkennt."

"Teach for Austria" wurde 2011 von Emberger in Österreich initiiert, international gibt es ähnliche Projekte schon länger. Bei "Teach for America" werden in den USA bereits seit 1990 hervorragende Hochschulabsolventen an Schulen geholt, um Kinder aus armutsbetroffenen Familien zu fördern. Mittlerweile bewirbt sich fast jeder fünfte Harvard-Absolvent bei "Teach for America". In Großbritannien läuft das Projekt ebenfalls im großen Stil, dort sind laut Emberger bereits 20 Prozent der Lehrer an Schulen in ärmlichen Wohngebieten über "Teach First" rekrutiert worden. (APA, 28.8.2012)