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Maria Fekter fährt einen strikten Kurs.

Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader

Wien - "Wir brauchen ein Vehikel, um Länder aus der Eurozone auszuschließen, wenn sie den anderen auf Dauer zur Last fallen. Aber die Umsetzung sehe ich nicht in den nächsten fünf Jahren" sagte Finanzministerin Maria Fekter im Gespräch mit der "Presse". Denn davor sei ein Konvent im EU-Parlament (Arbeitsgruppe für eine EU-Vertragsveränderung, Anm.) nötig, "dann wird verhandelt, ratifiziert, und am Ende wird es in manchen Staaten auch Volksabstimmungen brauchen. Das dauert", gibt sich die Ministerin realistisch.

Ein "Rausschmiss" Griechenlands lasse sich "am Biertisch" leicht fordern, würde aber "vor allem an den Steuerzahlern hängenbleiben. Daher gibt es doch den Willen, die Eurozone zusammenzuhalten und die maroden Länder zu zwingen, ihre Reformen umzusetzen." Sollte Griechenland nur mehr Zeit, nicht aber mehr Geld für die Umsetzung von Reformen brauchen, dann wäre Fekter bereit, über einen Aufschub zu reden. Auf die Frage, ob ein drittes Hilfspaket für Griechenland nötig ist, meinte Fekter in der "Presse" lediglich: "Es kann doch nicht sein, dass wir unsere Pläne alle drei Monate über den Haufen werfen. Deshalb werden wir massivst darauf pochen, dass die Reformen aus dem zweiten Paket umgesetzt werden."

Griechenland will Wachstum anschieben

Griechenland will indes mit Sonderwirtschaftszonen private Investoren anlocken und so das Wachstum ankurbeln. Die Regierung habe bereits bei der Europäischen Kommission die Zustimmung für Sonderkonditionen in bestimmten Gebieten beantragt, teilte Entwicklungshilfeminister Costis Hatzidakis am Dienstag mit. Ziel sei es, um Investoren mit niedrigeren Abgaben und weniger Bürokratie zu werben. Gültige Arbeitsgesetze müssten allerdings vollständig respektiert werden, betonte Hatzidakis.

Griechenland hat die Mindestlöhne bereits drastisch gekürzt, um damit gegen die Rekordarbeitslosigkeit vorzugehen. Vor allem China setzte in der Vergangenheit auf Sonderwirtschaftszonen und lockte damit erfolgreich Kapitalgeber an.

Die griechische Regierung kämpft gegenwärtig darum, für ihr Reform- und Sparprogramm mehr Zeit eingeräumt zu bekommen. Damit soll auch der Einbruch der Wirtschaftskraft abgefedert werden. Den internationalen Geldgebern wird aus Athen vorgeworfen, mit den Sparauflagen die Rezession weiter zu verschärfen.S&P-Europa-

S&P-Chefanalyst warnt vor Aufbrechen der Eurozone

Der Europa-Chefanalyst der Ratingagentur Standard & Poor's, Moritz Kraemer, hat vor einem Austritt Griechenlands aus der Währungsunion gewarnt. "Nach unserer Meinung besteht eine Wahrscheinlichkeit von mehr als einem Drittel, dass sich Griechenland in den kommenden Jahren zu dem verzweifelten Schritten des Austritts durchringen könnte", sagte Kraemer der "Börsen-Zeitung" (Dienstag). "Nach unserer Einschätzung ist dies aber weder im ökonomischen noch im politischen Interesse des Landes oder Europas."

Ein Austritt anderer Länder erscheint laut Kraemer noch weniger rational und sei daher nur vorstellbar, wenn "erhebliche Fehler" im Krisenmanagement gemacht würden. Er geht davon aus, dass nach dem Beitritt Estlands als 17. Euroland im Jahr 2011 künftig weitere Staaten Mitglied der Eurozone werden.

Venizelos: "Einige kastrieren die Eurozone"

Der Chef der griechischen Sozialisten, Evangelos Venizelos, wehrt sich dagegen vehement gegen die Forderungen vor allem deutscher Politiker, Griechenland solle die Eurozone verlassen. "Einige, die es für richtig halten, Druck pädagogischer Art auf Griechenland auszuüben, müssen wissen, dass sie mit diesen Kunststücken die Eurozone kastrieren", sagte Venizelos bei einer Sitzung seines Parlamentsausschusses. "Unsere europäischen Partner und unsere deutschen Freunde haben uns kein Geld geschenkt und verlieren auch kein Geld. Der einzige Weg Geld zu verlieren, ist nur nach einem Austritt Griechenlands aus dem Euro", sagte er. Die griechischen Sozialisten unterstützen zusammen mit der Partei Demokratische Linke (Dimar) die Koalitionsregierung unter dem konservativen Antonis Samaras und seiner bürgerlichen Partei Nea Dimokratia (ND).

Die Lage in Griechenland und die Wahrnehmung seiner Probleme im Ausland haben sich aus Sicht von Ministerpräsident Antonis Samaras ohnedies etwas verbessert. "Das Schiff hat angefangen, sich zu drehen", sagte Samaras bei einem Treffen mit dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias am Dienstag in Athen. "Das bedeutet aber auf keinen Fall weniger Anstrengungen oder leichtere Arbeit. Wir müssen jetzt spurten, und das tun wir jetzt", sagte Samaras weiter. Bereits am Vortag hatte Samaras erklärt, Griechenland befinde sich in einem Marathonlauf. Und um ihn zu gewinnen, seien "Herz" aber auch "Köpfchen" notwendig. (APA, 28.8.2012)