Jugendliche wurden in österreichischen Heimen nicht nur misshandelt und sexuell ausgebeutet, sie wurden auch zur Arbeit gezwungen. Für die Zwangsarbeit leisteten weder Heime noch Auftraggeber Sozialabgaben. Die Schwarzarbeit war toleriert, vom Bund wie von den Ländern. Wie bei fragwürdigen Erziehungsmethoden und sexuellen Übergriffen wurde einfach weggeschaut. Den Betroffenen - viele von ihnen beziehen wegen der erfahrenen Pein Früh- oder Invaliditätspensionen - fehlen nun die Pensionszeiten.

Während die Länder ihrer Verpflichtung zu Entschädigungszahlungen endlich nachkommen, sieht der Bund keine Notwendigkeit. Betroffene müssen Pensionszeiten halt nachkaufen, lautet die Devise. Vom Bund könne man keine Unterstützung erwarten, sagte Sozialminister Rudolf Hundstorfer im ORF-Radio. Hartnäckiges Nachfragen des Interviewers nach der Verantwortung des Bundes bezeichnete der Minister als Unterstellung, die nicht veröffentlicht werden sollte.

So unverblümt wie der sozialdemokratische Gewerkschafter hat den Gewaltopfern noch kein Regierungsmitglied mitgeteilt, was Sache ist: Kritisches Nachfragen zu österreichischen Erziehungsheimen ist unerwünscht, das Hinterfragen der aktuellen Politik ebenso. Geld soll man von den Ländern holen. Das Schicksal der Gewaltopfer scheint die Bundesregierung nicht zu interessieren. (Jutta Berger, DER STANDARD, 28.8.2012)