Karin Prokop: "Der Frank Stronach ist jemand, der sehr gerne Frauen in Führungspositionen sieht."

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Karin Prokop, die Tochter der verstorbenen Ex-ÖVP-Innenministerin Liese Prokop und des Handballtrainers Gunnar Prokop, ist eine der wenigen Personen, die im Moment die Partei von Frank Stronach aufbauen. Im Interview mit derStandard.at erzählt sie, warum sie von ihrer Stamm-Partei ÖVP enttäuscht wurde, und wie bei der Personalauswahl für die Stronach-Partei vorgegangen wird.


derStandard.at: Wie hat es sich ergeben, dass Sie für die Stronach-Partei tätig wurden?

Prokop: Ich kenne den Frank Stronach schon seit 1996, ich habe damals einige Jahre für Magna gearbeitet. Es war total spannend, diese charismatische Persönlichkeit zu erleben. Ich komme aus dem Sportbereich und habe mich bei Stronach beworben, weil er in der Nähe meiner Heimatgemeinde Golf- und Tennisplätze ausgebaut hatte. Beim Bewerbungsgespräch hat er mich dann aber spontan gefragt, ob ich beim Aufbau von Magna in Europa mitarbeiten will. Er fragte mich, ob ich gebunden sei und wann ich nach Kanada zur Einschulung fliegen könnte.

derStandard.at: Das ging aber rasch.

Prokop: Ja, wenn er sich etwas einbildet und von jemanden überzeugt ist, dann geht das zack zack. Ich habe ihn dann heuer zu Ostern wieder getroffen, weil ich mich entschlossen hatte als Vertreterin der ÖVP für den Bürgermeisterposten in Maria Enzersdorf nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Ich dachte mir, er könnte mir die Rutsche zu Magna legen, dass ich Aufträge für mein Unternehmen bekomme. Er hat bei dem Gespräch gemeint, ja, ich kann dir da sicher helfen, aber ich hätte dich gern für ganz etwas Anderes.

derStandard.at: Also für die Partei. Sie haben gleich zugesagt?

Prokop: Nein, es hat länger gedauert, weil ich in der ÖVP noch so verwurzelt war. Er hat dann öfters mit mir gesprochen und mir seine Ideen erzählt. Dann habe ich immer mehr erkannt, dass das, wofür er steht, absolut das Richtige ist. Die ÖVP hatte mich ziemlich fallen gelassen, also warum sollte ich dazu stehen, wenn da etwas ist, womit ich mich identifizieren kann. Also habe ich zugesagt.

derStandard.at: Was konkret bietet die Stronach-Partei, was die ÖVP Ihnen nicht bieten konnte?

Prokop: Das Agieren von ÖVP-Funktionären hat mir in letzter Zeit einfach nicht mehr gefallen. Bei Stronach gibt es einen Ehrenkodex, wir stehen für Sauberkeit in der Politik.

derStandard.at: Also die Affären um Strasser, Martinz usw. haben Ihre Entscheidung bedingt?

Prokop: Unter anderem auch, ja. Und auch, wie man miteinander umgeht. Das fängt schon in der Gemeindepolitik an. Es sind nicht alle so, aber doch einige. Und trotzdem hält man in der ÖVP an diesen Personen fest.

derStandard.at: Um das Inhaltliche - wie zum Beispiel die Themen Europa oder Euro - ist es Ihnen nicht gegangen?

Prokop: Nein. Wobei, wenn man sich intensiv damit beschäftigt: Die Stronach-Partei ist ja für ein starkes Europa, aber so wie die EU derzeit arbeitet funktionierts nicht.

derStandard.at: Spindelegger hat vor kurzem einen "Eurozonen-Rauswurf" angedeutet.

Prokop: Das geht eigentlich genau in diese Richtung, die wir wollen.

derStandard.at: War das eine Antwort der ÖVP auf Stronach?

Prokop: Das mag sein, weil ich denke sehr wohl, dass die ganzen Parteien Angst davor haben, was da jetzt auf sie zukommt.

derStandard.at: Zurück zu Ihrer Tätigkeit. Was ist Ihr Aufgabengebiet in der Partei?

Prokop: Wir sind jetzt fünf Leute, die bei der Parteigründung dabei sind und es wird gerade festgelegt, wer wofür zuständig sein wird. Wir sind aber die, die die Partei mit Stronach aufbauen sollen. Der Frank Stronach ist jemand, der sehr gerne Frauen in Führungspositionen sieht. Wenn er die Wahl hat, nimmt er lieber die Frau.

derStandard.at: Sie waren bei Magna im Personalbereich tätig, sind Sie jetzt auch bei der Partei für das Recruiting zuständig?

Prokop: Ja.

derStandard.at: Wie läuft das ab? Kommen die Leute auf Sie zu oder gehen Sie auf die Leute zu?

Prokop: Wir haben einen unglaublichen Zuspruch und bekommen täglich massenhaft Bewerbungen. Wir hängen hinten nach bei der Bearbeitung, weil es so viele sind.

derStandard.at: Wieviele sind das ungefähr?

Prokop: Wir haben noch 600 unbeantwortete Mails, insgesamt waren es schon Tausende.

derStandard.at: Aus welchen Parteien kommen die Anfragen?

Prokop: Total vermischt. Viele von der SPÖ, ÖVP, sehr viele Bürgerlisten, Freiheitliche, BZÖ. Komplett querbeet. Das ist auch das, wofür wir stehen wollen. Wir haben unsere Werte mit der Wahrheit, Fairness und Transparenz, das ist das Entscheidende. Ob ich jetzt eine christliche oder sozialdemokratische Grundideologie habe, ist völlig egal.

derStandard.at: Kann man noch mit prominenten Namen rechnen?

Prokop: Davon gehe ich aus.

derStandard.at: Haben Sie diese schon auf dem Tisch liegen?

Prokop: Teilweise ja.

derStandard.at: Aus Parteien?

Prokop: Ganz unterschiedlich.

derStandard.at: Aus der Wirtschaft?

Prokop: Wie gesagt: Ganz unterschiedlich. Sei es Parteien, Wirtschaft, Sport oder Kultur.

derStandard.at: Einen Namen vielleicht?

Prokop: Nein.

derStandard.at: Gibt es auch Personen, die in der Stronach-Partei nichts verloren haben?

Prokop: Leute, die bewiesen habe, dass sie nicht immer die richtigen Entscheidungen treffen - siehe Ehrenkodex.

derStandard.at: Bei den Piraten gab es eine Diskussion, ob Rechtsextreme erlaubt sein sollen oder nicht.

Prokop: Wir klopfen die Kandidaten schon auf ihre politische Einstellung ab. Rechtsradikalismus kommt für uns nicht in Frage.

derStandard.at: Es gibt den Vorwurf, dass sich die Stronach-Partei ihre Politiker einkauft. Wie können Sie belegen, dass das nicht so ist?

Prokop: Wie soll man so etwas belegen? Es wird niemand gekauft. Das wollen wir nicht, weil es unserem Ehrenkodex widerspricht. Frank Stronach hat von Anfang an gesagt, wenn jemand mit tun möchte, aber Familie hat und es sich beruflich nicht leisten könnte, dann steht er dazu, dass er diese Person unterstützt und in der Partei anstellen wird. Damit diese Person die Möglichkeit hat, zu kandidieren.

derStandard.at: Wie hoch ist diese Unterstützung?

Prokop: Das muss man sich von Fall zu Fall anschauen. Was hat die Person vorher verdient und so weiter. Da gibt es keine Regel querdurch.

derStandard.at: Gibt es eine Grenze nach oben?

Prokop: Natürlich, die wird aber noch festgelegt. Aber noch einmal: Es wird niemand abgekauft oder abgeworben.

derStandard.at: Sie selbst sind auch schon bei Stronach angestellt?

Prokop: Derzeit noch nicht, ich kann mir als Selbstständige die Zeit einteilen. Aber es wird sicher unter uns auch Angestellte geben. Derjenige, der die Bundesgeschäftsstelle aufbaut, hat schließlich einen Fulltimejob. Wenn ich das machen sollte, muss ich natürlich meine Kunden sehr reduzieren, das ist kein Freizeitjob.

derStandard.at: Wie geht es jetzt organisatorisch weiter?

Prokop: Wir werden eine Bundesgeschäftsstelle gründen und Landesniederlassungen machen. Wo dann jemand zuständig dafür ist, vor Ort mit den Interessierten Kontakt zu halten.

derStandard.at: Partei-Namen gibt es noch keinen?

Prokop: Erst Ende September.

derStandard.at: Ihr Parteichef in spe ist in Kanada. Wird er seinen Lebensmittelpunkt nach Österreich verlegen oder will er Polit-Pendler sein?

Prokop: Er pendelt ständig hin und her. Er zahlt in Kanada genauso wie in Österreich Steuern. Seine Familie ist dort, seine Enkelkinder und seine Tochter. Er wird sicherlich auch weiterhin immer wieder in Kanada sein. Wie sich das gestaltet, muss man erst schauen.

derStandard.at: Also keine fixe Rückkehr nach Österreich?

Prokop: Das kann ich Ihnen jetzt nicht so sagen.

derStandard.at: Was sind eigentlich die drei wichtigsten Forderungen der Partei?

Prokop: Unser Ziel ist es ein starker Wirtschaftsstandort zu sein und den Wohlstand für alle Österreicher zu stärken. Da gehören Punkte dazu wie eine Vereinfachung des Steuersystems, die Verwaltungsreform und ein starkes Europa in einer anderen Form.

derStandard.at: Gibt es schon Überlegungen zum Thema Fremdenpolitik? Wie wird sich der Austro-Kanadier Stronach da positionieren?

Prokop: Das sind die Details des Parteiprogrammes, die wir jetzt finalisieren.

derStandard.at: Wer macht das Parteiprogramm?

Prokop: Frank Stronach, Gerhard Köfer, Robert Lugar, Erich Tadler, Waltraud Dietrich, ich und die Leiterin des Stronach Institutes, Kathrin Nachbaur. Mit Inputs von wirklichen Profis.

derStandard.at: Wer sind die externen Berater?

Prokop: Eine ganze Menge an Leuten, die aber öffentlich nicht genannt werden wollen.

derStandard.at: Die TV-Auftritte von Stronach waren sehr ruppig. Wieso eigentlich dieser harte Stil?

Prokop: Das ist eigentlich gar nicht er. Nur, er will seine Punkte unbedingt vertreten. Er ist dann sicher auch emotional, weil ihm das so wichtig ist.

derStandard.at: Wurde er von Medientrainern beraten?

Prokop: Nicht viel. In der Anfangsphase geht es uns auch darum, ihn zu präsentieren.

derStandard.at: Also so authentisch wie möglich?

Prokop: Ja. So ist er einfach und das ist auch eine Stärke von ihm.

derStandard.at: Bleibt Stronach zu 100 Prozent Spitzenkandidat?

Prokop: Er sagt, er macht das, was am besten für die Partei ist. In der jetzigen Phase ist das der Spitzenkandidat.

derStandard.at: Im Sinne Ihres Ehrenkodexes und im Sinne der Transparenz: Wieviel Geld hat die Partei zur Verfügung?

Prokop: Nachdem es das Privatgeld von Frank Stronach ist, kann ich Ihnen das nicht beantworten. Wieviel er bereit ist, davon herzugeben, wissen wir nicht.

derStandard.at: Was erhoffen Sie sich persönlich von Ihrem Engagement?

Prokop: Ich mache es nicht, weil ich mir einen Posten oder sonstwas erhoffe, das ergibt die Zeit. Ich wünsche mir, dass wir wirklich die Möglichkeit haben, für Österreich etwas zu bewegen. (Rainer Schüller, derStandard.at, 24.8.2012)