Aus Funktionalität wird eine surreale Plastik: Richard Künz "Windstapel" (1989).

Foto: MUSA/Michael Wolschlager

Wien - Alles ist Raum, heißt es so schön. Und deswegen müsste man in Anlehnung an den schlauen Satz von Kommunikationswissenschafter Paul Watzlawick "Man kann nicht nicht kommunizieren" auch sagen können: "Man kann nicht nicht mit Raum in Beziehung treten."

Raum benennt nicht nur das Universum (in seinen schier unergründlichen Dimensionen), ein architektonisches Medium oder ein Volumen, sondern auch soziale Gebilde, Handlungs- und Rechtsräume oder gar den Raum der Logik. Das Allumfassende und damit auch irgendwie Beliebige des Raumbegriffs scheint jedoch griffig genug zu sein, um eine Ausstellung zum Thema zu gestalten.

Space Affairs. Raumaffären. Affaires d'Espace titelt trilingual diese Schau, in der auch Kurator Marc Mer - laut eigener Website Multimedialist und Raumphilosoph - von der relationalen Dimension des Raums ausgeht: "Der Raum selbst hat keine Form, nur seine Verhältnisse haben welche." Man könnte auch einfach sagen: Raum definiert und bemisst sich primär nicht über sich selbst, sondern über dritte Dinge oder Variablen. Damit hätte man das Thema schon nahezu ausgereizt. Marc Mer allerdings verführt es im Katalog auf vielen Seiten zu mehr oder eher weniger poetischen Gedankenspielen, die in Gespreiztheiten wie "Raum ist die Konkubine, die mit allen zusammenliegt" gipfelt.

Das Gefallen dieser Raum-Wort-Akrobatik mag im Auge des Betrachters liegen - was diese Verrenkungen wirklich schlimm macht, ist ihre Alibifunktion als Poesie- und Theorietapete für Kunstwerke der städtischen Sammlung. Es ist nicht nur furchtbar, dass man mit dieser Schau das fünfjährige Bestehen des Museum auf Abruf, kurz: Musa, begeht, es tut einem auch um die hier vertretenen Künstler und deren Kunstwerke leid: Im Rahmen dieses Topos können sie nur beliebig wirken, werden auf illustrative Dimensionen reduziert, sodass Einzelnes, wie Kieslers Pläne für das Endless Theatre, darin untergehen. Einiges kann aber auch in diesem Rahmen bestehen.

So etwa die Komprimierung von Architektur bei Gregor Eldarb: Kartonmodelle verschachtelt er so weit ineinander, dass daraus eine Skulptur entsteht. Oder Karl-Heinz Ströhles Federstahl-Plastik Doppler: Die Metallbänder umschreiben das Volumen der Doppelliterbouteille wie eine Strichzeichnung. Die flexiblen Eigenschaften des Materials lassen den Raum der Skulptur auch in Schwingung geraten und seine Form verändern. Während in Valie Exports Foto ein in der Hand schwer wiegender Steinbrocken zum potenziellen Zustandsveränderer wird, vollziehen Six/Petritsch diese Raumeroberung bereits: Paul Petritsch springt durch das in eine Hausmauer geschlagene Loch zwei Stockwerke tief in eine Baulücke. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 24.8.2012)