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Grafik: APA

Während die Einkommen in Spanien, Griechenland und Portugal zwischen 2000 und 2010 massiv zugelegt haben, sind die Einkommen der Österreicher laut einer Studie der UBS massiv gesunken. Selbst die Reichen werden demnach ärmer. Experten sind skeptisch.

 

Wien - Die Einkommen der Österreicher entwickeln sich womöglich schlechter, als den meisten bewusst ist. Das deutet zumindest eine von der Schweizer Großbank UBS veröffentlichte Studie an, die am Montag hohe Wellen schlug.

Die UBS hat sich in einem kurzen Papier die Entwicklung der verfügbaren Haushaltseinkommen in elf Euroländern über die vergangenen zehn Jahren angesehen. Im Falle Österreich kommen die Analysten zu erstaunlichen Ergebnissen: Im untersuchten Zeitraum sind die Haushaltseinkommen quer durch alle sozialen Schichten massiv gesunken. In keinem anderen Land ist der Rückgang so dramatisch wie in Österreich. Die ärmsten zehn Prozent der Bevölkerung mussten zwischen 2000 und 2010 einen Einkommensverlust von 35 Prozent hinnehmen. Selbst in der reichsten Bevölkerungsgruppe machte der Verlust aber zehn Prozent aus.

Während die Haushaltseinkommen auch in Deutschland und Irland quer durch die Bank gesunken sind, konnten sich ärmere Haushalte in Spanien und Griechenland über Zuwächse freuen.

Die Methodologie der UBS-Untersuchung ist simpel: Analyst Paul Donovan hat sich die Einkommensentwicklung (Löhne, Kapitaleinkommen, Sozialtransfers) unter Einrechnung der Inflation angesehen. Dabei nahm er für die ärmsten Bevölkerungsschichten einen höheren Teuerungswert an. Dies, weil der zur Inflationsberechnung herangezogene Warenkorb die Realität ungenügend abbildet, da Arme von Preissteigerungen bei Alltagswaren stärker getroffen werden als Reiche.

Allerdings riefen die Zahlen der UBS bei Experten skeptische Reaktionen hervor. Thomas Leoni vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo verwundert, dass der Rückgang in Österreich alle Einkommensgruppen trifft. Diese Berechnung hält er für nicht nachvollziehbar: "Dass die Arbeitseinkommen, insbesondere im Niedriglohnsektor, stagnieren, ist seit längerem bekannt. Dennoch gab es auch in Österreich über die vergangenen zehn Jahre in höheren Einkommensgruppen und bei Kapitalerträgen sehr wohl Steigerungen", so Leoni. Das Wifo selbst verfügt nur über Daten, aus denen die durchschnittliche Einkommensentwicklung für alle Haushalte herauszulesen ist. Demnach sind die Einkommen zwischen 2000 und 2010 inflationsbereinigt um vier Prozent gestiegen.

Nicht nachvollziehen kann die Berechnung auch die Statistik Austria. Das beste Material zu Haushaltseinkommen stammt bei den Statistikern aus EU-weiten Befragungen. Diese Zahlen, die es allerdings nur für den Zeitraum 2004 bis 2010 gibt, weisen für das untere Einkommenszehntel Steigerungen von 23 Prozent aus. Allerdings sind in diesen Zahlen keine Inflationswerte enthalten.

An dieser Stelle würde man gerne bei der UBS nachfragen. Fehlanzeige: Der zuständige Analyst ist auf Urlaub, die Bank gibt die für die Studie verwendeten Daten nicht heraus. Hilfsbereiter ist das Unternehmen Euromonitor, das die UBS bei den Berechnungen belieferte. Aus den Grunddaten von Euromonitor und unter Einrechnung der Inflation ergibt sich laut Wifo in der obersten Einkommensschicht tatsächlich ein Plus von acht Prozent. Die Ärmsten verloren rund fünf Prozent. (András Szigetvari, DER STANDARD, 21.8.2012)