Wenn Regierung und Bundesländer am grünen Tisch etwas vereinbaren, heißt es noch lange nicht, dass der Pakt auch hält.

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STANDARD: Auf welcher Basis stehen eigentlich die Bund-Land-Vereinbarungen. Einklagbar sind sie ja nicht. Wie sind sie rechtlich einzuschätzen?

Mayer: : Es geht um die Frage, wie Bund und die Länder ihre hoheitlichen Kompetenzen ausüben. Ein simples Beispiel: Der Bund verpflichtet sich, sein Wasserrecht in einem bestimmten Sinn abzuändern. Im Gegenzug erklären sich die Länder bereit, ihre Naturschutzgesetze in einem bestimmten Bereich zu ändern. Das sind staatsrechtliche Vereinbarungen, zivilrechtliche Vereinbarungen wären etwa, wenn der Bund ein Grundstück an ein Land verkauft.

STANDARD: Es gibt aber de facto keine Sanktionen, falls einer der Partner die Vereinbarung nicht einhält.

Mayer: : Das ist die Krux bei dem Ganzen. Das Einzige, was passieren kann, ist, dass der Verfassungsgerichtshof feststellt, dass einer der Partner den Vertrag nicht erfüllt hat. Da hat man ursprünglich gedacht, das reicht schon, wenn der Verfassungsgerichtshof sagt, der Bund oder das Land hat die Verpflichtung nicht erfüllt, und dann werden sie knieschlotternd alles nachholen. Das ist, wie man weiß, nicht der Fall.

STANDARD: Mit dem 15a-Verträgen wird ja so ziemlich alles geregelt: gemeinsame Hochwasserschutzbauten, die Pflege, Agrarangelegenheiten, Kindergärten- und Spitalsfinanzierung bis hin zur Flugrettung. Es gibt zwar keine großen Klagen, aber gemurrt wird des Öfteren, dass die Vereinbarungen nicht halten.

Mayer: : Natürlich gibt es viele 15a-Vereinbarungen, die einfach nicht eingehalten und nicht durchgesetzt werden. In Kärnten gab's etwa diese Grundversorgungs-Vereinbarung, die jahrelang nicht eingehalten worden ist. Und auch im Bereich des Gesundheitswesen gibt es Punkte, die offen sind und nicht eingehalten werden.

STANDARD: 15a-Verträge sind ja im Sinne "Gibst du mir das, bekommst du das" in beidseitigem Interesse. Da dürfte es von der Papierform her eigentlich gar keine Probleme geben.

Mayer: : Ja schon, aber wenn etwa der Bund sagt, er stellt bestimmte Mittel zur Verfügung, und die Länder müssen das oder jenes dafür machen und tun das dann nicht. Oder der Bund stellt die Mittel nicht zur Verfügung. Was macht man dann?

STANDARD: Zumindest beim Stabilitätspakt sind ja bereits Sanktionen vorgesehen - hier für ein Nichteinhalten der Defizitgrenzen.

Mayer: : Na ja, es ist so geregelt, dass alles einstimmig sein muss. Daran wird es dann scheitern.

STANDARD: Wie könnte das Kons trukt der 15a-Vereinbarungen reformiert werden. Gibt's bessere rechtliche Alternativen, damit sie auch eingehalten werden müssen?

Mayer: : Das ist schwierig. Allein wenn man an die Gesetzgebungskompetenz denkt. Was soll man tun, wenn ein Land ein Naturschutzgesetz nicht ändert, wer soll das durchsetzen? Da kann man nur einen Kompetenzübergang andenken, dass die Zuständigkeit an den Bund übergeht, oder wenn der Bund nicht tätig wird, an ein Land. Man soll das Regelwerk auf alle Fälle effektiver machen. Man soll nachdenken, wie man dem Ganzen Zähne geben könnte. Es muss ganz einfach die Durchsetzbarkeit der Vereinbarungen gesichert werden. Aber grundsätzlich sind sie eine durchaus sinnvolle Sache. (Walter Müller, DER STANDARD, 21.8.2012)