Alt oder neu? Die Wahl des richtigen Mietobjekts hängt nicht nur von Lage und Budget ab, sondern auch vom Imagewert: Anker-Haus, ...

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... Siemens-City. 

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Wien - Branchenbedürfnisse definieren exakt, was bei der Suche nach einem neuen Büro infrage kommt. "Banken beispielsweise suchen gezielt nach Objekten in Innenstadtlagen", erklärt Georg Muzicant, Leiter des Bürosektors bei Colliers Columbus Österreich. Die Nachfrager nach klassischen Altbauobjekten in der Wiener City seien also nach wie vor rege vorhanden. Manche Dienstleistungsunternehmen seien gezwungen, auf zentrale Lagen und einen entsprechend repräsentativen Eindruck zu achten.

Johannes Endl, Vorstandsmitglied beim Immobilienvermittler und -verwalter ÖRAG, bestätigt das und nennt auch Kandidaten für ein Büro in einer Zinshausetage: "Kleine Ziviltechnikbüros und Vermögensverwalter etwa suchen das urbane Umfeld ganz gezielt." Wer nur wenige Mitarbeiter beschäftigt, der stelle etwaige Überlegungen, in ein Neubaubüro zu ziehen, gar nicht erst an. "Die maximale Kosteneffizienz und eine hochwertige Ausstattung sind dabei einfach keine relevanten Ziele. Manche geben sich auch mit Sommerluft aus dem Innenhof zufrieden und brauchen nicht einmal eine Klimaanlage."

Größere Firmen wollen in den Neubau

In den Büroneubau verschlägt es andere. Vor allem sind es größere Unternehmen, die auf einen Schlag Betriebskosten reduzieren wollen. Bei einem Umzug bleibt ihnen die langfristige Bindung an einen neuen Standort aber kaum erspart. "Bei Erstvermietungen ist eine längere Mietvertragslaufzeit die Regel", gibt Endl zu bedenken. Für viele sei dies derzeit - in der jetzigen wirtschaftlichen Lage - ein großer Brocken. Darum sind viele Neubaubüros, die in den letzten Jahren entstanden sind, nur schlecht befüllt. Der geringen Vermietungsleistung folgt ein moderat wachsender Leerstand. In Wien liege dieser derzeit bei 6,5 Prozent, rechnen die Analysten der EHL Immobilien GmbH vor.

Mangels Nachfrage seien Büros, die mit groben Nachteilen behaftet sind, in der momentanen Situation nahezu unvermittelbar, erklärt Natascha Casar-Olbrich, Geschäftsführerin der Immobilienvermittlung bei der Rustler Gruppe. Das Thema Leerstand in Altbauten sieht sie im Zusammenhang mit dem Lagefaktor: "Im ersten Bezirk sehe ich keinen Sockelleerstand, da hier viel revitalisiert und neu vermietet wird." Hier sei eher der umgekehrte Trend zu beobachten - nämlich, dass immer öfter teuer renovierte Büros auf den Markt kommen.

Bis zu 28 Euro netto pro m²

Manche Mieter sind ihren hohen Standards verpflichtet - infolgedessen tut sich ein neues, hochpreisiges Marktsegment auf. Bis zu 28 Euro Nettomiete pro Quadratmeter werden beobachtet, und diese Preishürde nimmt nur, wer ein exzellentes Auftreten benötigt. Die Deutsche Bank ist mit ihrer neuen Niederlassung am Wiener Fleischmarkt so ein Fall. Flexible Bürolösungen helfen dem Unternehmen allerdings dabei, die erforderliche Fläche für die rund 140 Mitarbeiter zu reduzieren und möglichst kompakt zu halten.

Auch das Anwaltsbüro Lansky, Ganzger & Partner hat ein top renoviertes Büro im 1. Wiener Gemeindebezirk bezogen - und dabei auch noch Umweltstandards im Altbau als Entscheidungskriterium berücksichtigt. "Wir verfügen über eine langjährige Kompetenz in Sachen Energierecht und Umweltschutzthemen", meint Kanzleichef Gabriel Lansky voll Stolz. Dieses Objekt passe daher besonders gut. Das in Zusammenarbeit mit klima:aktiv generalsanierte Jahrhundertwendehaus benötigt 25 Prozent weniger Energie und wurde als Green Building für den Klimaschutzpreis 2011 nominiert.

Ökologie und Energieeffizienz sind üblicherweise das Steckenpferd von Büroneubauten. Der "Catamaran" im zweiten Wiener Bezirk fällt in diese Kategorie. Er verfügt über Fernwärmeheizung, eine dezentralisierte Warmwasseraufbereitung und wurde mit gesundheits- und umweltfreundlichen Baustoffen errichtet. "Das Prestige eines Bürogebäudes tritt als Argument gegenüber der Kosteneffizienz derzeit in den Hintergrund", erzählt ÖRAG-Vorstandsmitglied Endl. Der Geschmack bestimmt, ob ein Büro taugt oder nicht: "Für Kunden und Mitarbeiter muss ein Büro einfach zumutbar sein und zumindest schöne Teppiche und saubere Wandoberflächen aufweisen."

Abstriche bei Beleuchtung

In den meisten Neubauobjekten in dieser Lage und mit diesem Standard würde man derzeit noch in den Genuss billiger Mietpreise kommen. Diese liegen bei ungefähr zehn Euro pro Quadratmeter. Bei der Beleuchtung und beim Bodenaufbau, meinen die Experten, seien Mieter am ehesten bereit, Abstriche zu machen.

Einen Trend zum in die Jahre gekommenen Neubau sieht auch Casar-Olbrich - allerdings unter Vorbehalt: "In Zeiten, in denen ein Heizkostenanstieg zu befürchten ist, lassen sich Mieter ungern auf Objekte ein, wo die Betriebskosten schwer in den Griff zu bekommen sind." Im klassischen Altbau ist dies bei weitem nicht so kritisch wie in Siebzigerjahre-Bauten. Diese leiden immer noch am stärksten unter zu geringer Attraktivität am Wiener Büromarkt.  (Peter Matzanetz, DER STANDARD, 18./19.8.2012)