Frank Stronach will raus aus dem Euro.

Foto: standard/newald

Stefan Bruckbauer: "Ein solcher Schritt würde die Krise im Euroraum noch verschärfen."

Foto: Bank Austria

"Österreich - von meiner Seite aus - sollte zurück zum Schilling kommen, nur durch eigene Währung in den einzelnen Ländern können wir Wohlstand schaffen." Dieser Meinung ist Frank Stronach, Spitzenkandidat seiner in Gründung befindlichen Partei. derStandard.at hat Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der Bank Austria, gebeten, auszurechnen, welche Folgen Stronachs Theorie in der Praxis hätte.

derStandard.at: Besteht grundsätzlich die Möglichkeit, zum Schilling zurückzukehren?

Bruckbauer: Rein rechtlich könnte Österreich aus dem Euro nur ausscheiden, wenn es auch aus der EU ausscheidet. Ein einseitiger Austritt Österreichs würde wohl auf wenig Verständnis seitens der EU stoßen, Österreich wäre dann wohl sehr isoliert. Aber grundsätzlich kann ein souveränes Land wie Österreich natürlich einen Austritt aus Euro und EU beschließen.

derStandard.at: Wie würde das technisch funktionieren?

Bruckbauer: Technisch wäre es sehr schwierig, denn bei aller Wertschätzung für Österreichs wirtschaftlichen Erfolg, ein solcher Schritt würde bei vielen Investoren und auch privaten Anlegern zuerst auf große Skepsis stoßen, es könnte zu Kapitalflucht kommen. Ein Sperren der Konten wäre zwar möglich, aber das Bargeld behält ja im Ausland seine Gültigkeit, man würde wahrscheinlich seine Euros nach Deutschland bringen.

derStandard.at: Würden neue Schilling-Noten gedruckt werden?

Bruckbauer: Grundsätzlich müssten neue Banknoten gedruckt werden, denn Österreich wäre es dann nicht mehr erlaubt, Euros zu drucken oder der Nationalbank Euros auszugeben, denn dann wären die Euros Fremdwährung wie heute Dollar.

derStandard.at: Könnten die alten Schillinge noch verwendet werden?

Bruckbauer: Ich glaube, es gibt nicht mehr genug alte Schillinge, da sie vernichtet wurden und werden.

derStandard.at: Wie würde der Wechselkurs definiert werden?

Bruckbauer: Der Wechselkurs wäre von den Erwartungen und dem Vertrauen der Menschen in diese neue Währung abhängig. Natürlich auch von der Entwicklung innerhalb des restlichen Euroraums. Derzeit würde es wohl zu einer starken Abwertung der neuen österreichischen Währung kommen. Österreich ist nicht die Schweiz.

Die Nationalbank müsste wahrscheinlich sehr hohe Zinsen festlegen, die sich dementsprechend auch auf die Kosten der Staatsverschuldung stark erhöhend auswirken würden. Rechtlich nicht völlig klar ist, ob die Auslandsschulden Österreichs in Euro oder in der neuen Währung zu zahlen wären. Zumindest bis Vertrauen in diese neue Währung hergestellt wäre, käme es wohl zu einer Abwertung. Ob und wie schnell Vertrauen geschaffen werden könnte, ist angesichts der derzeitigen Verunsicherung fraglich. Allerdings würde ein solcher Schritt Österreichs natürlich auch den Rest des Euroraums stark belasten.

derStandard.at: Wie hoch wären die Kosten einer Umstellung?

Bruckbauer: Die rein technischen Kosten der Umstellung könnten rund zwei bis drei Milliarden Euro betragen, allerdings wäre es viel schwieriger, die Menschen zu überzeugen, die neue Währung auch wirklich zu akzeptieren, können sie doch mit Euro fast überall in Europa zahlen.

derStandard.at: Wie würde es sich auf das Geldbörserl von Herr und Frau Österreicher auswirken, wenn Österreich zum Schilling zurückkehren würde?

Bruckbauer: Technisch wohl abhängig, wie die neuen Banknoten beschaffen sind, wirtschaftlich wohl vorerst jedenfalls negativ, da die Unsicherheit natürlich die Wirtschaft stark belastet, mehr wahrscheinlich als die Abwertung Wettbewerbsvorteile bringt.

derStandard.at: Wie würde sich die Schilling-Rückkehr auf den Preis eines Krügerls Bier auswirken?

Bruckbauer: Tendenziell würde der Preis wohl steigen, da aufgrund der zu erwartenden Abwertung mit einem Inflationsschub zu rechnen ist, da importierte Waren teurer werden, dies würde sich schlussendlich auf alle Güter auswirken.

derStandard.at: Warum gibt es diese Sehnsucht nach dem Schilling überhaupt?

Bruckbauer: Da die Menschen die derzeitigen Probleme emotional mit dem Euro und Europa verbinden, aber wahrscheinlich simpel auch, weil in der Rückblende immer alles "glorifiziert" wird. In Wirklichkeit ging es Österreich noch selten so gut wie heute, dies zeigen jedenfalls die Daten.

derStandard.at: Wäre die Rückkehr der Ausweg aus der Krise?

Bruckbauer: Nein, definitiv nicht. Österreich ist eine offene Volkswirtschaft. Im Gegenteil, ein solcher Schritt würde die Krise im Euroraum noch verschärfen.

derStandard.at: Wie würde sich die Rückkehr zum Schilling auf das Vermögen von Frank Stronach auswirken, das er steuerschonend in der Schweiz bunkert?

Bruckbauer: Grundsätzlich würde der Schweizer Franken wahrscheinlich aufwerten bei einer Verschärfung der Eurokrise, falls die Schweizerische Nationalbank ihre Wechselkursbindung aufgeben würde, gegenüber einer neuen österreichischen Währung in jeden Fall. Über die Auswirkung auf das Vermögen von Herrn Stronach kann ich nichts sagen.

derStandard.at: Hat Frank Stronach eigentlich nie vom Euro profitiert?

Bruckbauer: Österreichs Industrie hat vom definitiv vom Euro stark profitiert, besonders die Autozulieferbranche profitierte von den stabilen Wechselkursverhältnissen und Österreichs starke Lohnstückkostenposition konnte durch keine Abwertung anderer Länder zunichte gemacht werden. Ob Herr Stronach selbst vom Euro profitierte, kann ich nicht beurteilen. Österreichs Industrie in jeden Fall. (derStandard.at, 14.8.2012)