Graz - Über die gesundheitsgefährdenden Auswirkungen elektromagnetischer Strahlungen scheiden sich die Geister. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte noch 2011 vor einem möglichen Zusammenhang zwischen dem häufigen Gebrauch des Mobiltelefons und einer seltenen Art von Gehirntumor. Grazer ForscherInnen haben nun nachgewiesen, dass niederenergetische elektromagnetische Strahlung, wie sie unter anderem Handy, WLAN oder Mikrowelle verursachen, zumindest die Struktur von Proteinen nicht verändert.

Temperatur ist entscheidend

Proteine - also Eiweiße -, die auch zahlreich im menschlichen Körper vorkommen, bestehen jeweils aus einer langen Kette von Aminosäuren. Unter Hitzeeinfluss "verdauen" bestimmte Enzyme das Protein schneller. Das heißt, sie zerschneiden es in Peptidsequenzen. Da die Mikrowelle Substanzen in kurzer Zeit extrem aufheizen kann, lassen sich mit ihr Proteine rascher zerlegen als durch konventionelle Aufheizung. Dass es tatsächlich nur die Temperatur ist, die diesen Vorgang beschleunigt, und keine anderen, nicht-thermischen Effekte der elektromagnetischen Mikrowellenstrahlung im Spiel sind, das konnten nun Forscher des Christian Doppler Labors für Mikrowellenchemie unter der Leitung von Oliver Kappe an der Karl-Franzens-Universität Graz bestätigen.

Keine messbaren Unterschiede

In mehreren Experimenten ließ die Forschergruppe die Proteine Rinderserumalbumin, Cytochrom C, Beta-Casein unter kontrollierten thermischen Bedingungen bei 50 Grad Celsius einmal mit der Mikrowelle und einmal mit herkömmlichen Verfahren im Ölbad verdauen. Das Ergebnis: "Es gibt keine messbaren Unterschiede bei den Auswirkungen auf die Proteinstruktur, da bei gleichlangen Heizintervallen und gleicher Temperatur jeweils die gleichen Peptidsequenzen herausgeschnitten werden. Der Verdauprozess wird also nur durch die Temperatur und nicht durch Mikrowellenstrahlung beeinflusst", ist Markus Damm - Erstautor der Studie - überzeugt.

Einfluss von Messfehlern

Die Grazer Forscher sehen damit andere Untersuchungen, nach denen Mikrowellenstrahlung direkte Auswirkungen auf die Proteinstruktur hätten, widerlegt. Oliver Kappe führt deren Ergebnisse auf Messfehler zurück: "Es ist extrem schwierig, die Temperatur in der Mikrowelle exakt festzustellen. Wahrscheinlich sind die früher publizierten Experimente nicht bei genau gleicher Temperatur durchgeführt worden". Die Wissenschafter in Graz arbeiten mit einem Mikrowellen-Reaktor, in dem eine eingebaute faseroptische Temperatursonde eine störungsfreie, hoch präzise Messung ermöglicht. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden soeben im "Journal of Proteomics" publiziert. (red, derStandard.at, 14.8.2012)