Gebrauchsanweisungen zu lesen ist nicht so mein Ding. Echte Männer kaufen das gleiche Klumpert lieber drei mal, weil sie es beim Versuch, es zusammenzubauen, zwei mal zur Unkenntlichkeit zerstört haben. So gesehen bin ich auch ein echter Mann.

Foto: Guido Gluschitsch

Echte Männer müssen sich, aber wenn sie ehrlich sind, dann aber auch als echte Idioten outen. So gesehen bin ich auch ein echter Mann. Weil, auf den ersten Metern mit der BMW K 1300 S mit dem HP Paket, wie es sie seit Anfang des Jahres gibt, bin ich ganz verzaubert. So einfach hat das Hochschalten, ohne an der Kupplung zu ziehen, noch nie funktioniert. Ganghebel vorspannen, Gas kurz weg und durchdrücken. Da gibt es kein Knarzen, kein Knarren. Nicht einmal, wenn man das Gas nicht sauber schließt. Auf der einen Seite spricht das für das Getriebe, auf der anderen Seite natürlich für mich. Aber die Wahrheit steht auf einem anderen Blatt. Der Betriebsanleitung. Dort steht nämlich, dass die HP-K einen Schaltassistenten hat. Der größte Vollkoffer kann damit ohne Kupplung hochschalten ohne das Gas zu schließen. Einen feinen Schalt-Blubber aus dem Endtopf gibt es gratis dazu.

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Gut, wissen wir das nun auch. Dabei dachte ich HP steht einfach dafür, dass BMW der K 1300S einen Akrapovic-Auspuff und jede Menge Carbon spendet. Von der Airbox-, über die Kupplungs- bis hin zur Radabdeckung protzt alles in waffeligem Schwarz. Dazu kredenzt BMW die Antischlupfregelung ASC, die Reifen-Luftdruckkontrolle RDC und das elektronisch verstellbare Fahrwerk ESA II. Aber wer denkt denn da gleich dran, dass da ein Schaltassistent mit an Bord ist?

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Obwohl: Die K 1300 S eignet sich perfekt für die täglichen 1000 Kilometer im Urlaub. Die Verkleidung schützt vor lästigem Wind, das Fahrwerk vor bösen Stößen und der slowenische Auspuff vor Langeweile - ohne dabei lästig laut zu sein. Viele Kilometer verlangen ja quasi nach ein wenig Werks-Unterstützung. Auf der anderen Seite: Wer an einem Tag den 1000er schafft, der bewältigt ihn mit diesem Motorrad auf der Autobahn. Und dort schaltet man in der Regel nicht so oft.

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Echte Männer auf Motorrädern aber, die meiden die Autobahn genauso wie den Tanzkurs. Fünf Pässe an einem Tag sind dann kein Kunststück - ein Schaltautomat dann aber doch wieder eine willkommene Hilfe. Gerade wenn man bedenkt, dass dieses Motorrad in unter drei Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt. Da rührt man am Berg schon einmal gerne in den Gängen.

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Trotz ihrer 254 Kilogramm ist die K 1300 S erstaunlich leicht zu bewegen, lässt sich von einem Eck ins andere werfen, ohne dass einem gleich die Schweißperlen übers Visier laufen. Knackig wie frische Semmeln sind die Bremsen. Die spielen sich mit dem Gewicht, und nur wenn man in wilderen Schräglagen einankert können die Augen einmal groß werden. Aber das ist aber eh auf jedem Motorrad so.

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Was die meisten anderen Motorräder nicht kennen, das ist der Motor. Hubraum kann durch nichts ersetzt werden, sagen 1000er-Fahrer gerne. Da legt die BMW gleich noch einmal ein Seiderl Brennraum drauf. Macht unterm Strich: 175 PS bei 9250 Umdrehungen und 140 Newtonmeter bei 8250 Umdrehungen aus 1300 Kubikzentimetern.

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Aber braucht man so viel Hubraum in einem Motorrad? Braucht man Carbon dort und da? Braucht man einen Akrapovic, einen Bordcomputer und den anderen Elektro-Krempel wie das ESA II, die Reifenluftdruckanzeige, die Antischlupfregelung und das ABS? Nein. braucht man nicht. Wie eine Gebrauchsanweisung. Man muss auch keine 23.421 Euro für dieses Motorrad zum BMW-Händler tragen, wenn man das nicht braucht. Aber wenn man das Geld grad hat, ist diese vollverkleidete Dreizehnhunderter vielleicht die schönste Art, so viel Kohle zu investieren. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 13.8.2012)

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