Bild nicht mehr verfügbar.

Wolfgang Schaeuble und Eveline Widmer-Schlumpf und die Steuerfrage: Wieder einmal gehen die Wochen hoch.

Foto: REuters/Schwarz

Berlin  - Der Streit um ein schärferes Vorgehen gegen deutsche Steuerbetrüger, die Geld in der Schweiz verstecken, schwelt weiter. SPD-Chef Gabriel sieht deutsche Ermittler am Zuge, die Koalition in Berlin wirbt für das Steuerabkommen mit der Schweiz. In Österreich sieht man das Inkrafttreten des bereits mit der Eidgenossenschaft ausgehandelten Abkommens zur Besteuerung von Konten von Österreichern in der Schweiz indes nicht gefährdet.

Der deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel verlangt ein Einschreiten der Justiz gegen Schweizer Banken, die Deutschen beim Steuerbetrug helfen. "Hier reden wir über organisierte Kriminalität in Schweizer Banken in Deutschland", sagte er am Sonntag im Deutschlandfunk. Ihn ärgere, dass nicht einmal eine Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft am Finanzplatz Frankfurt gegründet werde, wo Schweizer Institute vertreten sind. Auch der Generalbundesanwalt könne ermitteln.

Schweiz sieht kein Anzeichen für Umschichtung

Gleichzeitig geht die Debatte um den Kauf von CDs mit Kontodaten eidgenössischer Banken und das beiderseitige Steuerabkommen weiter. Die Regierung in Bern hat nach eigenen Angaben "keine Anzeichen" für ein Weiterverschieben von Schwarzgeld.

Gabriel sagte, Deutschland solle sich an den USA orientieren: "Die haben schlicht und ergreifend Schweizer Banken mit Strafverfolgung bedroht. Warum trauen wir uns das eigentlich nicht?" Der SPD-Chef verteidigte den Kauf neuer Kontodaten durch das rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen. Auch der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider nannte das "absolut legitim", solange es kein gültiges Steuerabkommen gebe. "Das ist bisher immer noch das effektivste Mittel, Steuerhinterzieher dazu zu bewegen, ihr Schwarzgeld zu legalisieren und in Deutschland ordentlich zu versteuern", sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte dagegen der "Rheinischen Post" (Samstag): "Steuerflucht ist kein Kavaliersdelikt, der Kauf von gestohlenen Daten durch den Staat ist aber auch nicht sauber." Es sei "scheinheilig, den Steuer-Sheriff zu spielen und gleichzeitig durch sture Blockade die Bekämpfung von Steuerflucht zu verhindern." Der Chef der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, warf der SPD vor, "mit blindem ideologischen Hass einen Privatkrieg gegen die Schweiz" zu führen. "Statt auf den zivilisierten Weg eines internationalen Abkommens setzt die SPD auf die Zusammenarbeit mit Kriminellen."

Kritik am Steuerabkommen

Die SPD kritisierte erneut das vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ausgehandelte Steuerabkommen mit der Schweiz. Problematisch sei, dass "es die Steuerhinterziehung legalisiert und so viel Zeit schafft für Steuerhinterzieher, ihr Geld woanders hin zu schaffen, dass es am Ende unwirksam ist", sagte Gabriel. Das Abkommen soll ab 2013 gelten und sieht für Kapitalerträge deutscher Kunden bei Schweizer Banken eine Steuer vor, die so hoch ist wie in Deutschland. Auch altes Schwarzgeld soll einmalig besteuert werden. Im Bundesrat gibt es aber bisher keine Mehrheit dafür.

Die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat "keine Anzeichen" dass deutsches Schwarzgeld nach Singapur verschoben wird. Das Steuerabkommen sei "darauf ausgelegt, dass Gelder nicht irgendwohin verschoben werden, sondern hier nachbesteuert werden zu akzeptierbaren Bedingungen", sagte sie der "Aargauer Zeitung" (Samstag). Der Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, Patrick Odier, sagte dem "Spiegel": "Es gibt seit der Unterzeichnung des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens im vergangenen September keine nennenswerten Abflüsse von deutschen Vermögen aus der Schweiz."

Der Finanzminister des deutschen Bundeslands Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans (SPD), hatte dagegen über Hinweise gesprochen, dass Schweizer Banken deutschen Steuerbetrügern helfen, Geld in andere Länder zu retten. Nach Erkenntnissen seiner Fahnder "unterlaufen Schweizer Banken gezielt das Steuerabkommen", sagte er dem "Spiegel". Die Schweizer Ministerin sagte, ihr Land werde der Bundesrepublik keine Amtshilfe bei Gesuchen leisten, die auf gestohlenen Daten basierten. Am Freitag hatten der Schweizer Bankenverband und die nach Medienberichten von der Weitergabe der Daten betroffene Bank UBS hatten Vorwürfe zurückgewiesen, sie würden deutschen Kunden helfen, Schwarzgeld vor dem Fiskus in Sicherheit zu bringen.

CD-Kauf als Hehlerei

Aus Sicht des Wissenschafters Wolfgang Seibel kommt der Ankauf von Steuersünder-CDs Hehlerei und Anstiftung zu Straftaten gleich. "Man kann Unrecht nicht mit Unrecht bekämpfen wollen", sagte der Konstanzer Politologe der dpa. Es sei ein großer Unterschied, ob Banken als private Unternehmen kriminelles Verhalten in Form der Steuerhinterziehung beförderten oder ein Staat mit Kriminellen kooperiere, indem er illegal erlangte Daten erwerbe. "Wir sind keine Bananenrepublik, die mit Straftätern gemeinsame Sache macht - wir haben einen Ruf zu verlieren."

Österreich hat sich mit der Schweiz ebenfalls auf ein Steuerabkommen verständigt. Dieses ist schon unterzeichnet und soll mit 1. Jänner 2013 in Kraft treten. Das Finanzministerium erhofft sich daraus eine Milliarde Euro an Steuerzufluss, die bereits im Haushalt budgetiert wurde. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (S) zweifelt auch angesichts der drohenden Volksabstimmung in der Schweiz oder möglicher Umgehungskonstruktionen nicht an dem Abkommen, wie er zur APA sagte.

Auch zwischen Italien und der Schweiz laufen Verhandlungen über ein Steuerabkommen. Die Kapitalflucht aus Italien hat heuer enorm zugenommen, die unsichere Wirtschaftslage sowie die Furcht vor einer Reichensteuer treiben Wohlhabende vermehrt in die Schweiz.(APA, 12.8.2012)