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Schon beim Amtsantritt im Mai schien Premier Victor Ponta (li.) von Mitteilungen des Innenministers Ioan Rus wenig angetan.

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Das rumänische Mitte-links-Regierungsbündnis Sozialliberale Union (USL) aus Sozialdemokraten (PSD) und Nationalliberalen (PNL) ist angeschlagen. Innenminister Ioan Rus (PSD) und dessen delegierter Verwaltungsminister Victor Dobre (PNL) legten am Montag ihr Amt nieder.

Rus gab an, angesichts des Drucks, den auch USL-Vertreter auf ihn ausgeübt hätten, "die Grenzen der Würde selbst festlegen" und sich "an der Nichteinhaltung der Gesetze nicht beteiligen" zu wollen. Daraufhin nahm Premier Victor Ponta (PSD) eine größere Kabinettsumbildung vor, bei der auch das Außen- und das Justizressort neu besetzt wurden.

Hintergrund ist das am 29. Juli abgehaltene Referendum zur Absetzung des rechtsliberalen Präsidenten Traian Basescu. Zwar hatte eine überwiegende Mehrheit von mehr als 87 Prozent Basescu abgewählt, doch wurde mit einer Beteiligung von nur 46 Prozent die erforderliche 50-Prozent-Schwelle verfehlt. Somit müsste Basescu in sein Amt zurückkehren.

USL will Ergebnis nicht anerkennen

Die USL hatte das Amtsenthebungsverfahren gegen Basescu mit rechtlich fraglichen und von der EU scharf kritisierten Methoden durchgesetzt. Darin sahen die oppositionellen Liberaldemokraten (PDL), die Basescu unterstützen, eine Rechtfertigung für einen Wahlboykott, "um den Staatsstreich nicht durch ein demokratisches Votum zu legitimieren".

Nun scheint die USL das Ergebnis der Volksbefragung nicht anerkennen zu wollen. USL-Vertreter erhoben beim Verfassungsgericht (VGH) Einspruch gegen die von der eigenen Regierung erstellten und bestätigten Wählerlisten. Ponta behauptete vergangene Woche, dass die Zahl von 18,3 Millionen Wahlberechtigten, die Rus im Vorfeld des Referendums bekanntgegeben hatte, falsch gewesen sei. Dem widersprach Rus in seiner Rücktrittserklärung.

Die Wählerlisten sollen nun nachträglich "der Realität angepasst" werden. USL-Vertreter orten angebliche 1,7 Millionen Falscheintragungen - vor allem Tote und Ausgewanderte. Zur Erfüllung des Quorums hatten 1,5 Millionen Stimmen gefehlt.

Improvisierte Volkszählung

Nachdem der VGH eine Entscheidung auf frühestens Ende August vertagte und von der Regierung die Übermittlung der am 29. Juli geltenden Wählerlisten zur Überprüfung forderte, interpretierte die Regierung dies als Aufforderung zu einer raschen "Mini-Volkszählung", bei der die Listen "aktualisiert" werden sollten. Zur Methodik der improvisierten Volkszählung wurde erklärt, dass "der Bürgermeister und ein paar vertrauenswürdige Bürger von Tür zu Tür" ziehen und bei Abwesenheit der Bewohner notfalls den Nachbarn zu deren Status befragen würden.

Dies nannte der suspendierte Präsident Basescu eine "Maskerade" und forderte die sofortige Einstellung. Abgesehen von geltenden Gesetzen gebe es in Rumänien Geburts- und Todesregister. Jede nachträgliche Abänderung der Wählerlisten sei illegal. Auch geht aus einer VHG-Mitteilung hervor, dass die letztmögliche Aktualisierung der Listen fünf Tage nach Ankündigung des Referendumstermins, also lange vor dem Referendum, stattfinden könne.

Unabhängig vom rechtlichen Urteil sei "das Urteil der Bevölkerung äußerst klar", sagte Ponta anlässlich der Regierungsumbildung und beschuldigte Basescu, trotzdem an seiner Funktion festzuhalten. Die Ernennung der parteipolitisch unabhängigen, aber regierungsnahen Richterin Mona Pivniceru zur neuen Justizministerin ist indes umstritten. Pivniceru hat nicht nur Basescu, sondern auch der EU-Kommission, die seit dem EU-Beitritt Rumäniens im Jänner 2007 im Rahmen eines Monitoring-Verfahrens Fortschrittsberichte zum Justizbereich erstellt, "unzulässige Eingriffe" in die rumänische Justiz vorgeworfen. (Laura Balomiri, DER STANDARD, 7.8.2012)