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M. A. in Teheran: Die Kritik wächst.

Foto: Vahid Salemi/AP/dapd

Im Iran sind rund zehn Monate vor dem Termin der Präsidentschaftswahl im Juni 2013 Überlegungen im Gange, das Präsidialsystem durch ein parlamentarisches zu ersetzen. Hintergrund sind die Unruhen vor drei Jahren, deren Wiederholung man von vornherein vermeiden will.

Um die Idee zu propagieren, wurde eine Gruppe im Parlament beauftragt, die gesetzlichen Möglichkeiten zu prüfen. Parlamentspräsident Ali Larijani fördert diese Idee, weil er sich keine guten Erfolgschancen bei einer Präsidentschaftskandidatur wie vor sieben Jahren ausrechnen kann. Damals erhielt er weniger als eine Million Stimmen.

Neben dem Oberbürgermeister von Teheran, Mohammad Bagher Ghalibaf, wurden zuletzt auch andere Namen ins Gespräch gebracht. Unter ihnen der Atombeauftragte des Iran, Said Jalili, und Außenminister Ali Akbar Salehi, Letzterer hält sich bisher bedeckt, doch werden ihm im Fall einer Kandidatur die besten Siegeschancen zugerechnet.

Ex-Außenminister Ali Akbar Velayati wird als letzte Trumpfkarte der religiösen Führer gehandelt. Wie es heißt, genießt er daneben auch die volle Unterstützung des früheren Präsidenten Irans, Hashemi Rafsanjani. Auch viele Reformer würden ihn akzeptieren. Velayati ist nach Ansicht vieler politischer Kreise durch seine langjährige Erfahrung am geeignetsten, den Iran aus der internationalen Sackgasse hinauszumanövrieren. Er selbst weicht Fragen zu einer eventuellen Kandidatur aus.

Hinter den Kulissen formieren sich unterdessen die Gegner von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad zur "letzten Schlacht". Ahmadi-Nejad wird von vielen Seiten wegen der steigenden Inflation, der stagnierenden Wirtschaft und des angekratzten Ansehens des Iran in der Welt kritisiert. Er wird beschuldigt, durch seine unüberlegten Äußerungen den Iran in eine aussichtslose Situation manövriert zu haben.

Um diese Situation zu überwinden und befürchtete Kritik an den religiösen Führern zu neutralisieren, muss jemand geopfert werden. Der Präsident bietet zurzeit die beste Angriffsfläche, nachdem unter anderem in Gerichtsverhandlungen zum größten Wirtschaftsskandal der Islamischen Republik auch Namen seiner Weggefährten zwischendurch erwähnt werden.

Ahmadi-Nejad hat in den vergangenen Jahren immer wieder seinen Gegnern mit Veröffentlichung angeblicher illegaler Geschäfte gedroht, diese Drohung bisher jedoch nicht wahrgemacht - für seine Gegner ein Zeichen, dass er nur blufft. Seine Machtbefugnisse werden immer mehr eingeschränkt, und potenzielle Präsidentschaftskandidaten suchen nach Verbündeten in allen politischen Lagern. Ahmadi-Nejad darf nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren. (N. N.* aus Teheran, DER STANDARD, 6.8.2012)