Es besteht eine Gefahr in London, sie geht vor allem von Seglern und Kanutinnen aus. Die Gefahr, dass Österreich von den Olympischen Spielen mit der einen oder anderen Medaille heimkehrt. Je länger Olympia dauert, umso mehr wird sie herbeigesehnt, die Medaille. Der ORF will sich endlich freuen, das Land will sich endlich freuen. "Wir" hätten es doch noch geschafft, "wir" hätten uns doch nicht blamiert.

Mit Verlaub: Erleichterung worüber? Natürlich wäre den Sportlerinnen und Sportlern der Erfolg zu gönnen. Doch der, wie er sich selbst nennt, organisierte Sport würde Medaillengewinner sofort vereinnahmen, glauben machen wollen, sie würden einer Struktur, einem System entspringen. Ist nicht so. Österreichs Sporterfolge sind seit Jahrzehnten fast ausschließlich auf bewundernswerte private, oft familiäre Initiativen zurückzuführen.

Organisierter Sport, das schließt mit ein: Sportministerium, Bundes Sport Organisation (BSO), Olympisches Komitee (ÖOC), drei Dachverbände (Union, Askö, Asvö), Sporthilfe. Dieses Institutionenwirrwarr ist weltweit einzigartig, es kostet und verhindert mehr, als es bringt. In Deutschland, nur zum Beispiel, haben sich Sportbund und Olympisches Komitee schon 2006 zusammengeschlossen. Hier wäre auch der österreichische Hebel anzusetzen, darüber sollte man diskutieren. Die eine oder andere Medaille würde es garantiert verhindern. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 4.8.2012)