Rudolf Haberleitner macht Daily zu Dayli und schwärmt von einem Ansturm der Investoren.

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Wien - "TAP 09" steht auf der Klingel in der Wollzeile mit der Hand geschrieben. In einem der Wiener Büroräume ein paar Stockwerke höher wickelt Rudolf Haberleitner einen Termin nach dem anderen ab. Ein Manager im Nebenzimmer erhält derweil den neuesten Businessplan. Er sei der künftige Chef von Schlecker und hier, um den Vertrag zu unterzeichnen, erzählt Haberleitner, während er den neuen Namen der Kette via Flatscreen an die Wand wirft. Nein, zu Gesicht bekommen dürfe man ihn jetzt noch nicht, sagt er, versichert jedoch, dass dessen Verdienste in Europas Handel enorm seien.

Haberleitner spricht mit rasender Geschwindigkeit. Vor ihm auf dem Tisch liegen Zeitungsartikel, aus denen Skepsis über ihn als Investor herauszulesen ist. All jene, die über sein Konzept für die Drogeriekette in Österreich urteilten, seien unwissend, ihre Reaktionen fußten auf glatter Dummheit, empört er sich, ohne sein freundliches Lächeln zu verlieren. Dass er mit so mancher widrigen Unternehmensentwicklung in Verbindung gebracht werde und vielen Firmeneigentümern nie realisierte Geldregen versprochen haben soll, weist Haberleitner vehement zurück. "Ich war auch nie in Konkurs, hatte nie einen Ausgleich oder finanzielle Probleme."

"Ein Milliardendeal"

Vielmehr habe er in den vergangenen 30 Jahren gut 250 Transaktionen abgewickelt, wie etwa den ATB-Verkauf an den Industriellen Mirko Kovats. Vor zehn Jahren habe er einen deutschen Handelsriesen mit 52 Milliarden Umsatz saniert. Gerade eben verkaufe er den größten Logistiker Südosteuropas. "Ein Milliardendeal." Wirtschaftsprüfern und internationalen Handelsmanagern fiel sein Name bisher kaum auf. Vielleicht berate er Einzelpersonen; es sei ungewöhnlich, dass die beachtliche Leistung keinem aufgefallen sei, so der Tenor. Haberleitner: "Profis kennen mich, die Plaudertaschen nicht."

Bei Schlecker, der aus markenrechtlichen Gründen statt "Daily" nun "Dayli" heißen soll -"alle Filialen werden im August umgestellt, bis alle modernisiert sind, dauert es zwei Jahre" - sieht er sich auf gutem Weg, 2013 Gewinn zu erzielen. In Wien könnten 30 bis 40 Shops zugesperrt und an anderer Stelle neu eröffnet werden.

Tatsächlich sei kein einziger Laden unrentabel, sagt er. Und wer etwas andere behaupte, der lüge. In einer Liste des deutschen Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz an potenzielle Käufer war anderes zu lesen: Von 903 Standorten in Österreich seien 301 im Minus.

Haberleitner hebt einmal mehr die Schuldenfreiheit und das Ei- genkapital von 274 Millionen Eu- ro hervor: Wenn er offene Forderungen an Deutschland und verlorene Investments im Osten abziehe, blieben immer noch 84 Millionen. Kreditversicherer können die Rechnung nicht nachvollziehen: Das Geld, das Verluste bei Töchtern abdeckte, sei weg. Das Eigenkapital rutsche daher ins Minus.

Widersprüchliche Aussagen

Haberleitner sieht auch die Warenversorgung gesichert. Er habe eben erst um sieben Millionen bei 40, 50 Lieferanten bestellt und keine Absage erhalten. Zwei Kreditversicherer würden die Lieferungen nun wieder absichern. Es habe sich nichts daran geändert, dass keine Warenversicherungen übernommen werden, heißt es jedoch bei Prisma. "Wir brauchen glaubwürdige Businesspläne."

Manch regionaler Hersteller liefert, jedoch nur mehr mit kurzen Zahlungszielen. Er sei damit nicht einverstanden, sagt Haberleitner, vielleicht brauche es Zwischenfinanzierungen. Bei Konzernen wie Procter & Gamble sei er zu Gesprächen eingeladen. Diese bestehen in der Regel auf Kreditversicherer.

Haberleitner will bei Schlecker mit Lebensmitteln die Kundenfrequenz erhöhen. Verdienen will er mit 40, 50 Dienstleistungen (Versicherungen bis Autoverleih), Te- le-Shopping und Markenware. Ob die Logistik outgesourct wird oder neue Partner gesucht, ist noch offen. "Wir haben Schlecker genau geprüft, ich habe keine Idee, wie diese Konzepte aufgehen sollen", sagt der Sanierer Anton Stumpf.

Bis 2016 will Haberleitner 52 Mio. Euro investieren: "6,5 heuer, 5,5 nächstes Jahr, und dann geht die Post ab." 50 Mio., brauche es allein heuer, vor allem für den Einkauf, sagen Insider. Die Aussicht auf 20 Prozent Rendite, löst Kopfschütteln aus: Diese Summen seien im Handel nicht zu verdienen.

Seine Freunde und er seien die bisherigen Geldgeber, sagt Haberleitner, ohne das Geheimnis um erstere zu lüften. "Es sind weder Industrielle noch politische Vereine oder russische Mafiabanden." Zwölf Prozent des Kapitals seines Fonds kämen aus Österreich. "In den vergangenen Tagen hatte ich 20 Anfragen weiterer Investoren." 200 bis 300 Bewerber gebe es, die beim geplanten Ausbau auf europaweit 1,3 Milliarden Euro Umsatz (2011 waren es in Österreich 270 Millionen) dabei sein wollen. (Verena Kainrath, DER STANDARD; 4.8.2012)